Heidelberger Vorschulscreening zur auditiv-kinästhetischen Wahrnehmung und Sprachverarbeitung (HVS)

DiagnoseElementarbereich

Kurzbeschreibung

Preis: 245,00 Euro

Das HVS ist ein computergestütztes oder alternativ über eine Audio-CD dargebotenes diagnostisches Screening-Verfahren, das die sprachanalytischen und artikulatorischen Fähigkeiten von Kindern im Vorschulalter erfasst. Diese Fähigkeiten bilden eine wichtige Grundlage für einen erfolgreichen Schriftspracherwerb. Aus den Ergebnissen lassen sich Aussagen zum Entwicklungsstand des Kindes hinsichtlich der genannten Fähigkeiten ableiten sowie mögliche therapeutisch relevante Bereiche identifizieren. Das Tool wird im Einzelsetting durchgeführt. Es wurde für Psychologen, Logopäden, Sprachtherapeuten, Frühförderzentren und Sozialpädiatrische Zentren sowie für Phoniater entwickelt.

Qualitätscheck als Diagnostik-Tool:
(Für Erläuterungen mit der Maus auf die Zahlen und Punkte zeigen.)

Bildungsetappe Zielbereich Altersgruppe Durchführbarkeit Theoretische Fundierung Erfüllung der Gütekriterien
Elementar 1,3 5 bis 6 grüner Punkt grüner Punkt blauer Punkt

grüner Punkt sehr empfehlenswert* | gelber Punkt empfehlenswert* | blauer Punkt weniger empfehlenswert*

*aus wissenschaftlicher Sicht

Letzte inhaltliche Bearbeitung/Prüfung am: 03.06.2024

Welches Ziel hat das Tool?

Mit dem HVS liegt ein Screening-Verfahren für Kinder im Alter von 5 bis 7 Jahren vor, mit dem in ca. 20 bis 30 Minuten die sprachanalytischen und artikulatorischen Fähigkeiten erfasst werden. Ziel ist es, Hinweise auf mögliche Wahrnehmungs-, Aufmerksamkeits- oder Sprachverarbeitungsstörungen noch vor Schuleintritt zu identifizieren, um eine frühzeitige Förderung zu veranlassen. Das Tool kann in den Modulen E3 „Diagnose und Förderung der Leseflüssigkeit und ihrer Voraussetzungen“ und E4 „Intensive Förderung der phonologischen Bewusstheit“ eingesetzt werden. Mehrsprachigkeit wird nicht berücksichtigt.

Für welches Vorhaben kann das Tool eingesetzt werden?

Das Tool ist ein diagnostisches Screening-Instrument, das Informationen über Leistungen in verschiedenen Teilbereichen der sprachanalytischen Fähigkeiten und der Artikulation bei Vorschulkindern erteilt. Es gibt Hinweise auf möglichen Therapiebedarf in den genannten Bereichen und ermöglicht die Überprüfung des Therapieverlaufs. Bei Ergebnissen, die auf eine Störung in den untersuchten Gebieten hindeuten, müssen zur Abklärung der genauen Diagnostik weitere Testverfahren herangezogen werden. Die Ergebnisse des HVS können bei der Therapieplanung genutzt werden, ebenfalls ist der Einsatz des Screening-Verfahrens zur Überprüfung des Therapieerfolgs möglich. Zur Überprüfung der auditiven Aufmerksamkeit, die bei der auditiv-kinästhetischen Wahrnehmung (taktile Wahrnehmung der Lautbildung im Mund) und bei der Sprachverarbeitung eine Rolle spielt, wurde eine zusätzliche, nicht normierte und somit informelle, Aufgabe konstruiert. Sie kann zu Vorher-Nachher-Vergleichen bei Aufmerksamkeitstrainings genutzt werden.

Wie funktioniert das Tool?

Das HVS liegt als Computer-Version und als Audio-Version vor. In beiden Fällen werden den Kindern die Aufgaben akustisch gestellt. In der Computer-Version wird die Testanweisung zusätzlich auf dem Bildschirm präsentiert. Der Testleiter protokolliert die Antworten und wertet sie später manuell aus. Vor der Durchführung der Testaufgaben erfolgt eine Übungsphase, die durch einen Versuchsleiter geleitet wird.

Das HVS besteht aus sieben normierten Untertests, von denen einer in zwei Teile untergliedert ist (Untertest 5 und 8). Außerdem gibt es eine nicht normierte Zusatzaufgabe:

Untertest 1: Auditive Merkspanne

Dem Kind werden Zahlenreihen vorgespielt, die es in der gleichen Reihenfolge wiederholen soll. Es gibt fünf Zahlenreihen, in denen die Ziffern „1“ bis „6“ vorkommen, weitere fünf, in denen die Ziffern „8“ bis „10“ vorkommen. Die „7“ wird ausgelassen, da sie zweisilbig ist. Begonnen wird immer mit einer Folge von zwei Ziffern, maximal beträgt die Ziffernspanne sechs Ziffern.

Untertest 2: Expressive Anlautanalyse

Das Kind soll in diesem Untertest den ersten Laut von Wörtern, die ihm vorgespielt werden, heraushören und benennen (z.B.: „O“ bei „Opa“). Dieser Untertest besteht aus 10 Items.

Untertest 3: Silben segmentieren

Bei diesem Untertest besteht die Aufgabe des Kindes darin, Wörter nachzusprechen und dabei die Silben zu klatschen. Es gibt drei zweisilbige, drei dreisilbige und drei viersilbige Wörter (z.B.: Ro-si-ne).

Untertest 4: Phonematische Differenzierung

Bei dieser Aufgabe wird das Kind aufgefordert zu entscheiden, ob zwei Wörter gleich oder unterschiedlich sind. Unterschiede der vorgespielten Wörter bestehen in Phonemen, die entweder an der gleichen Stelle im Mund artikuliert werden, sich aber in der Stimmhaftigkeit voneinander unterscheiden (Bsp.: Seide – Seite) oder in Phonemen, die in ihrer Stimmhaftigkeit gleich sind, aber an unterschiedlichen Stellen im Mund artikuliert werden. Es liegen 9 Wortpaare vor, die aus echten, sinnvollen Wörtern bestehen, und 5 Wortpaare, die aus sinnlosen, ausgedachten Wörtern bestehen (z.B.: Aka – aga).

Untertest 5: Zungenbrecher und Aufgabe 8: Zauberwörter

Dieser Untertest wird in zwei Teile aufgeteilt (in Aufgabe 5 und Aufgabe 8), in der Auswertung werden die Punktwerte aber zu einem Gesamtwert addiert, da sie inhaltlich sehr ähnlich zu bewerten sind. Aufgabe 5 heißt „Zungenbrecher“. Das Kind soll eine Serie von Silben, die an unterschiedlichen Stellen im Mund artikuliert werden, nachsprechen (z.B.: ta-ga-ta-ta-ga-ta). Bei Untertest 8 „Zauberwörter“ hat das Kind die Aufgabe, dreisilbige Buchstabenfolgen, die entweder an drei verschiedenen Artikulationsorten gebildet werden (z.B.: te-ki-pu) oder dreisilbige Buchstabenfolgen, die Konsonantenansammlungen enthalten (z.B.: stra-gu-di) nachzusprechen.

Untertest 6: Ableitung vom Wortstamm (Wortfamilien erkennen)

Dem Kind werden drei Wörter vorgespielt (z.B.: Bäcker - backen – baden). Zwei der drei Wörter haben den gleichen Wortstamm (Bäcker – backen), das dritte ähnelt den anderen im Klang (baden). Das Kind soll herausfinden, welches Wort nicht zu den beiden anderen passt. Die Einführung in diese Aufgabe erfolgt mit Bildkarten, da die Erklärung auf diese Weise leichter fällt. Der Untertest besteht aus 8 Wortgruppen.

Untertest 7: Erkennen von Reimwörtern

Jeweils zwei Wörter sollen von dem Kind daraufhin beurteilt werden, ob sie sich reimen oder ob sie sich nicht reimen (z.B.: Maus – Haus; Maus – Tür). Diese Aufgabe beinhaltet 10 Wortpaare.

Unterest 8: Zauberwörter

s. Untertest 5: Die beiden Untertests 5 und 8 gehören inhaltlich zusammen und werden daher gemeinsam beschrieben. Die Durchführung erfolgt jedoch in der numerischen Reihenfolge.

Zusatzaufgabe: Auditive Aufmerksamkeit

In einer Reihe von monoton und in unregelmäßiger Folge gesprochenen Ziffern soll das Kind immer, wenn es eine „1“ hört, mit der Hand auf den Tisch klopfen.

Zur Auswertung des Screenings wird jeder Untertest einzeln überprüft. Pro richtig bearbeitetem Item wird ein Punkt vergeben (Ausnahme: Untertest 2 – hier können je nach Antwortgenauigkeit ein oder zwei Punkte vergeben werden). Auf dem Auswertungsbogen werden die Summenwerte pro Untertest eingetragen. Mit Hilfe der „Tabelle zur Umwandlung der Testrohwerte in T-Werte und Prozentränge, die sich im Anhang des HVS befindet, können die T-Werte und Prozentränge abgelesen werden. Die geschieht unter Berücksichtigung des Alters der Kinder. Eine Differenzierung findet für die zwei Altersgruppen für Kinder von 5 Jahren, 2 Monaten bis 5 Jahren, 11 Monaten und für Kinder von 6 Jahren bis 6 Jahren und 10 Monaten statt. Auf dem Auswertungsbogen werden die T-Werte pro Aufgabe eingetragen (in der Computerversion ist zusätzlich der händische Eintrag von Prozentrangwerten möglich) und mit Linien verbunden. So ergibt sich ein Testprofil. Eine bereits aufgedruckte gestrichelte Linie kennzeichnet den Bereich, in dem die Ergebnisse als auffällig interpretiert werden.

Was wird benötigt, um das Tool umzusetzen?

Material: Das HVS besteht aus einem Handbuch, einer CD-Rom mit Aufgaben und Auswertungssoftware und Bildkarten zur Erklärung von Aufgabe 6. Für die Durchführung der PC-Version muss sichergestellt werden, dass der Computer eine Soundkarte und Lautsprecher hat.

Zugänglichkeit: Bestellbar bei Hogrefe-Testzentrale (s. Links)

Preis: 245,00 Euro

Durchführungsdauer: Die Durchführung und Auswertung des HVS dauert in der PC-Version ca. 17 Minuten, in der Papier-Bleistift-Version ca. 25 Minuten

Wie ist das Tool a) theoretisch b) empirisch fundiert?

a) theoretische Fundierung

Die Fähigkeit zur phonologisch-klanglichen Sprachanalyse stellt eine wichtige Voraussetzung für den Schriftspracherwerb dar. Schwierigkeiten in diesem Bereich können zur Entwicklung einer Lese-Rechtschreib-Schwäche beitragen (Klicpera, Gasteiger-Klicpera, 1998). Dierks et al. (1999) haben insbesondere für die ersten Grundschuljahre die Fähigkeit zur Unterscheidung klangähnlicher Laute als bedeutenden Faktor für einen erfolgreichen Schriftspracherwerb ausgemacht. Um klangähnliche Laute unterscheiden zu können, muss man die Bildung des Lautes im Mund spüren und wahrnehmen – dies nennt man taktil-kinästhetische Empfindungen. Die Unterscheidung von „g“ und „d“ bspw. wird möglich, da unterschiedliche Artikulationsstellen beansprucht werden. Der motorische Aspekt der Sprachverarbeitung spielt für den Schriftspracherwerb also eine große Rolle. Klicpera und Gasteiger-Klicpera (1998) weisen darauf hin, dass Kinder mit einer Lese-Rechtschreibschwäche viel geringere Möglichkeiten haben, die artikulatorischen Informationen von Sprache als Feedback für sich zu nutzen. Ebenso stellt die Ableitung vom semantischen Wortstamm für sie ein häufiger zu beobachtendes Problem dar (Koch & Schubenz, 1991).

Dem HVS liegen somit empirische Befunde zum Schriftspracherwerb zugrunde, auf deren Erkenntnissen das Tool konstruiert wurde. Eine explizite Theorie des Schriftspracherwerbs wird jedoch nicht herangezogen.

b) empirische Fundierung

Die endgültige Aufgabenauswahl und Normierung des HVS fand im Zeitraum von 1998-2002 statt. In die Normierungsstrichprobe gingen die Daten von ca. 200 Kindern ein. Mangelnde Deutschkenntnisse oder eine geringere Sprech- oder Hörfähigkeit sowie Konzentrationsstörungen in der Stichprobenzusammensetzung wurden dahingehend berücksichtigt, dass Kinder mit Einschränkungen dieser Art kaum repräsentiert sind. Die Stichprobengröße muss nach Neugebauer und Becker-Mrotzek (2013) mit weniger als 200 Kindern pro Normierungsstichprobe als unzureichend groß bezeichnet werden. Die Objektivität des Verfahrens ist dadurch gewährleistet, dass die Items auf Tonträger aufgesprochen sind und die Instruktion sowie die Auswertung eindeutig sind. Troost, Brunner und Pröschel (2004) untersuchten die prognostische sowie die diskriminante Validität. Zur Überprüfung der prognostischen Validität ließen die Untersuchenden Kinder im Vorschulalter den HVS durchführen. In der zweiten Klasse ließen sie diese Gruppe von Kindern einen Rechtschreibtest (WRT 1+, Birkel, 2007) und einen Lesetest (WLLP, Schneider, Blanke, Faust & Küspert, 2011) durchführen und setzten die Ergebnisse in Zusammenhang. Die prognostische Validität konnte mit dieser Methode für beide Bereiche (Schreiben und Lesen) bestätigt werden, da mit dem Gesamtwert des HVS positive und statistisch signifikante Korrelationen berechnet wurden. Die diskriminante Validität wurde bestimmt, indem außerdem der Grundintelligenztest CFT 1 (Summe 3) (Weiß & Osterland, 2012) im zweiten Schuljahr durchgeführt wurde. Auch hier wurden positive Ergebnisse errechnet, die die diskriminante Validität bestätigen. Außerdem wurden Zusammenhänge berechnet zwischen den HVS-Ergebnissen eines Teils der Normierungsstichprobe und ihren Schriftsprachleistungen im zweiten Schuljahr. Es wurden niedrige bis mittelhohe Zusammenhänge gefunden. Anhand dieser Befunde lässt sich zusammenfassend von einer zufriedenstellenden Validität sprechen. Die Reliabilität wurde mittels der internen Konsistenz erfasst und liegt – je nach Altersstufe und Untertest – im mittleren bis hohen Bereich.

Mit welchen anderen Tools ist dieses Tool kombinierbar?

Ergänzende Förderverfahren:

Hören, Lauschen, Lernen. Sprachspiele für Kinder im Vorschulalter

WUPPIs Abenteuer-Reise durch die phonologische Bewusstheit

Alter: 5; 6

Klassenstufe: Kita

Verbünde, die dieses Tool nutzen:

Links:

HVS bei der Hogrefe-Testzentrale:
https://www.testzentrale.de/shop/heidelberger-vorschulscreening-zur-auditiv-kinaesthetischen-wahrnehmung-und-sprachverarbeitung.html [03.06.2024]

Die Qualität von Sprachstandsverfahren im Elementarbereich als PDF-Datei:
https://www.stiftung-mercator.de/media/downloads/3_Publikationen/Neugebauer_Becker_Mrotzek_Sprachstandsverfahren_Elementarbereich_Analyse_Bewertung.pdf [03.06.2024]

Literaturhinweise

Birkel, P. (2007). WRT 1+. Weingartner Grundwortschatz Rechtschreib-Test für 1. und 2. Klassen. Göttingen: Hogrefe.

Brunner, M., Pfeiffer, B., Schlüter, K., Stellter, F., Möhring, L., Heinrich, I. & Pröschel, U. (2001). Heidelberger Vorschulscreening zur auditiv-kinästhetischen Wahrnehmung und Sprachverarbeitung (HVS). Wertlingen: Westra Elektroaktustig GmbH.

Dierks, A., Seiber, A., Brunner, M., Körkel, B., Haffner, J., Strehlow, U., Parzer, P. & Resch, F. (1999). Testkonstruktion, -analyse und Erprobung des Heidelberger Lautdifferenzierungstests zur auditiv-kinästhetischen Wahrnehmungstrennschärfe. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 27, 29-36.

Neugebauer, U. & Becker-Mrotzek, M. (2013). Die Qualität von Sprachstandsverfahren im Elementarbereich. Eine Analyse und Bewertung. Herausgegeben vom Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache.

Klicpera, C. & Gasteiger-Klicpera, B. (1998). Psychologie der Lese- und Schreibschwierigkeiten. Entwicklung, Ursachen, Förderung (2. Aufl.). Weinheim: Beltz.

Koch, G. & Schubenz, S. (1991). Schriftsprachliche Förderung mit dem Computer im Rahmen der pädagogisch-psychologischen Therapie von schulversagenden Kindern: Morphemspiele. Zeitschrift für Heilpädagogik, 42, 447-449.

Troost, J., Brunner, M. & Pröschel, U. (2004). Validität des Heidelberger Vorschulscreenings zur audititv-kinästhetischen Wahrnehmung und Sprachverarbeitung. Diagnostica, 50, 4, 193-201.

Schneider, W., Blanke, I., Faust, V. & Küspert, P. (2011). WLLP-R Würzburger Leise-Leseprobe-Revision. Ein Gruppentest für die Grundschule. Göttingen: Hogrefe.

Weiß, R. H. & Osterland, J. (2012). CFT 1-R. Grundintelligenztest Skala 1 – Revision. Göttingen: Hogrefe.

Letzte Änderung am: 06.06.2024

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