Kurzbeschreibung
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Der Lesenavigator ist ein Instrument, mit dem Schülerinnen und Schüler lernen sollen, Lesestrategien anzuwenden, um sich unterschiedliche Texte systematisch erschließen zu können. Die Lesestrategien sind auf einzelnen Karten dargestellt und können zielgerichtet von den Schülerinnen und Schülern selbst eingesetzt werden. Sie werden von der Lehrkraft eingeführt und können dann innerhalb und außerhalb des Unterrichts sowohl in kooperativen Lernsituationen als auch in Einzelarbeit angewendet werden. Es gibt je nach Lesekompetenz ein Starter- und ein Profi-Set sowie zwei Beobachtungsbögen als Zusatzmaterial.
Qualitätscheck:
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Zielbereich | Altersgruppe | Durchführbarkeit | Theoretische Fundierung | Wirksamkeit |
---|---|---|---|---|
12 | 12 bis 15 |
sehr empfehlenswert* | empfehlenswert* | weniger empfehlenswert*
*aus wissenschaftlicher Sicht
Letzte inhaltliche Bearbeitung/Prüfung am: 17.06.2024
Mit dem Lesenavigator sollen die Schülerinnen und Schüler lernen, Lesestrategien anzuwenden, um sich unterschiedliche Texte systematisch erschließen zu können.
In BiSS kann der Lesenavigator in den Modulen S2 „Lese- und Schreibstrategien im Verbund vermitteln“ und dem Modul S3 „Selbstreguliertes Lesen und Schreiben“ eingesetzt werden. Da auf eine fächerübergreifende Zusammenarbeit der Lehrkräfte und einen Einsatz des Lesenavigators in mehreren Fächern abgezielt wird, kann er auch im Rahmen des Moduls S4 „Sprachliche Bildung in fachlichen Kontexten“ genutzt werden.
Der Lesenavigator dient als Unterstützung bei der Arbeit an Texten, dem Textverständnis und dem selbstständigen Lernen und Arbeiten der Schülerinnen und Schüler. Er sollte fächerübergreifend eingesetzt werden, um eine regelmäßige und ausreichend häufige Anwendung zu gewährleisten. Das Verfahren wurde für Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 6 bis 8 konzipiert, kann aber bei Bedarf auch noch bei älteren Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I eingesetzt werden. Mehrsprachigkeit wird nicht gesondert berücksichtigt.
Das Tool kann grundsätzlich auch für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache eingesetzt werden. Bei diesen Kindern ist es jedoch angezeigt, sie in zusätzlichen, kleineren Gruppen entsprechend ihres je spezifischen Bedarfs zu fördern.
Der Lesenavigator besteht aus einem Karten-Set. Auf jeder Karte findet sich eine Lesestrategie, die die Schülerinnen und Schüler zur Bearbeitung von Texten nutzen sollen. Die Lesestrategien werden danach unterschieden, ob sie vor, während oder nach dem Lesen des Textes zum Einsatz kommen. Als Strategie vor dem Lesen werden beispielsweise Erwartungen an den Text formuliert, als Strategien während des Lesens gibt es das genau lesen oder das erfassen der zentralen Textaussagen. Lesestrategien sollen bewusst, zielgerichtet und eigenständig angewendet werden (Leubner, Clauß, Metscher & Franke, 2010). Der Lesenavigator kann im Unterricht – oder auch außerhalb – sowohl in kooperativen Lernsituationen als auch in Einzelarbeit eingesetzt werden. Die Strategien können im Prinzip immer, wenn ein Text gelesen wird, von den Schülerinnen und Schülern genutzt werden.
Es gibt zwei Varianten des Lesenavigators: ein Starter- und ein Profi-Set. Ob in einer Klasse das Starter- oder das Profi-Set eingesetzt wird, hängt von den Vorkenntnissen und Lese- bzw. Strategiekompetenzen der Gruppe ab. Beide Sets orientieren sich an den Bildungsstandards für den Hauptschul- bzw. Mittleren Schulabschluss (s. Theoretische Fundierung).
Für die erfolgreiche Umsetzung des Lesenavigators ist zunächst eine gute Einführung des Verfahrens durch die Lehrkraft notwendig. Diese sollte in eigenen Unterrichtseinheiten und immer an konkreten Textbeispielen erfolgen. Schülerinnen und Schülern sollen klar erkennen, welchen Nutzen sie aus dem Einsatz von Lesestrategien ziehen können und wie sie diese selbstständig und gezielt zur Erarbeitung eines Textes einsetzen können. Textverständnis ist durch den Strategieeinsatz natürlich nicht garantiert, auch wenn eine regelhafte Anwendung der Strategien die Wahrscheinlichkeit für das Verstehen eines Textes erhöhen kann.
In der Handreichung (Leubner et al., 2010) werden zwei Verfahrensweisen zur Einführung vorgeschlagen: Erstens besteht die Möglichkeit, dass die Lehrkraft durch „lautes Denken“ die Anwendung und die damit verbundenen Verstehensprozesse „modellierend“ zeigt (vgl. hierzu auch Scaffolding). Dabei liest die Lehrperson den Text und wendet die Lesestrategien „laut denkend“ an. Dieses Vorgehen soll von den Schülerinnen und Schülern imitiert und der Einsatz der Strategien abschließend reflektiert werden. Zweitens wird eine informierende Vorgehensweise vorgeschlagen: Hierbei werden die Lesestrategien anhand kleiner Aufgaben erarbeitet und geübt. Im anschließenden Unterrichtsgespräch werden Nutzen und Einsatzmöglichkeiten behandelt.
Nach der Einführungsphase soll der Lesenavigator möglichst häufig und regelmäßig in verschiedenen Fächern zur Textarbeit verwendet werden. Um eine fächerübergreifende Zusammenarbeit der Lehrkräfte zu gewährleisten, muss der Lesenavigator nicht nur ‚im Unterricht’, sondern auch ‚in der Schule’ eingeführt werden. Auch hierzu finden sich Hinweise und eine Überblicksdarstellung wichtiger Fragen bzw. Aufgaben in der Handreichung (Leubner et al., 2010). Es müssen einerseits die schulischen Voraussetzungen geklärt, andererseits die entsprechenden Vereinbarungen getroffen werden, damit die Rolle der Deutsch- und weiteren Fachlehrkräfte geklärt ist und Aufgaben verbindlich übernommen werden.
Zusatzmaterial: Diagnose- und Schülerselbstbeobachtungsbogen
Zusätzlich zum Lesenavigator als Strategieset finden sich in der Handreichung (Leubner et al., 2010) auch ein Diagnosebogen „Lesen“ sowie je ein „Schülerselbstbeobachtungsbogen“ für das Starter- bzw. Profi-Set (S. 29-35). Beide Instrumente können genutzt werden, um den Kompetenzbereich Lesen gezielt zu beobachten und eine individuelle Förderung vorzubereiten. Der Selbstbeobachtungsbogen soll auch einen bewussten und reflektierten Umgang mit den Lesestrategien fördern und die Akzeptanz und Vertrautheit des Instruments erfragen. Durch die Rückmeldungen soll die Lehrkraft mit den Schülerinnen und Schülern in einen Dialog treten (Leubner et al., 2010).
Material und Kosten: Der Lesenavigator (das Starter- bzw. Profi-Set) kann vom Bildungsserver Berlin-Brandenburg kostenlos heruntergeladen werden (s. Links). Jedes Blatt soll in drei Teile geschnitten, laminiert und schließlich als Set zusammengebunden werden. Alternativ kann man für den Betrag von 4 Euro ein laminiertes Set bestellen. Jede Schülerin und jeder Schüler benutzt im Normalfall ein eigenes Set.
Zeitlicher Aufwand und Dauer: Für die Einführung sind eigene Unterrichtseinheiten erforderlich. Nach der Einführung soll der Lesenavigator häufig und regelmäßig eingesetzt werden, wofür eine fächerübergreifende Zusammenarbeit der Lehrkräfte notwendig ist. Die Strategien können in unterschiedlichen Fächern und in Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit verwendet werden.
Sowohl für die Einführung der Lesestrategien im Unterricht als auch für die Einführung des Lesenavigators in der Schule finden sich in der Handreichung ausführliche Hinweise und eine tabellarische Übersicht der relevanten Punkte (s. Links; die Broschüre lässt sich unter dem angegebenen Link kostenlos herunterladen). Zusätzlich steht ein Bericht zum Download zur Verfügung, in dem die Einführung des Lesenavigators in einer siebten Klasse dargestellt wird.
Es wird außerdem empfohlen, zu Beginn die Ausgangslage zu erheben, um festzustellen, welche Lesestrategien den Schülerinnen und Schülern bereits bekannt sind und von ihnen ggf. schon eingesetzt werden. Ein Diagnosebogen hierfür findet sich ebenfalls in der Handreichung, ebenso wie ein Schülerselbstbeobachtungsbogen, der zur Reflexion genutzt wird, aber auch als Grundlage für eine individuelle Förderung dienen kann.
a) theoretische Fundierung
Der Lesenavigator wurde am Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) in Kooperation mit der Universität Potsdam (Prof. Leubner; Literaturdidaktik) und dem Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (ThILLM) entwickelt.
Er orientiert sich an den Bildungsstandards der KMK: das Starter-Set orientiert sich an den Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Hauptschulabschluss sowie an den im Rahmenlehrplan festgelegten Standards für den Bildungsgang grundlegende allgemeine Bildung (Kultusministerkonferenz, 2005). Das Profi-Set orientiert sich an den Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Mittleren Schulabschluss und den Standards für den Bildungsgang erweiterte allgemeine Bildung (Kultusministerkonferenz, 2004; Leubner et al., 2010).
Grundlage ist das Verständnis des Lesens als konstruktiver Prozess, wie es auch in der PISA-Studie formuliert wird und den Bildungsstandards und aktuellen Rahmenlehrplänen zugrunde liegt (Leubner et al., 2010).
b) empirische Fundierung
Der Lesenavigator wurde bisher nicht evaluiert, so dass noch keine empirische, sondern nur eine theoretische Fundierung vorliegt (vgl. Ehlich, Valtin & Lütke, 2012).
Walter (2020) bezeichnet die Befundlage im Hinblick auf Verbesserungen des Textverständnisses durch Lesestrategie-Trainings im deutschsprachigen Raum als insgesamt eher ernüchternd. In einer Meta-Analyse zur Förderung des Textverständnisses durch die Vermittlung von Verstehensstrategien kommen Mayer und Marks (2019) zu dem Schluss, das eine Kombination aus expliziter Strategievermittlung und selbstständigen Übungsphasen die besten Ergebnisse hinsichtlich einer Verbesserung des Textverständnisses erzielen könnte.
Zur Diagnose des Leseverständnisses u. a. in den Klassen 5/6:
ELFE II – Ein Leseverständnistest für Erst- bis Siebtklässler – Version II
Alter: 12; 13; 14; 15
Klassenstufe: 6; 7; 8; 9; 10
Hier kann das Starter-Set, das Profi-Set sowie weitere Informationen zum Lesenavigator kostenlos heruntergeladen werden:
https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/lesenavigator [17.06.2024]
Die Handreichung findet sich außerdem auch in folgendem PDF (S.28-60):
https://www.schulportal-thueringen.de/web/guest/media/detail?tspi=3209 [17.06.2024]
Ehlich, K., Valtin, R. & Lütke, B. (2012). Expertise „Erfolgreiche Sprachförderung unter Berücksichtigung der besonderen Situation Berlins“. Berlin. Verfügbar unter: https://www.berlin.de/sen/bildung/unterricht/schulqualitaet/mdb-sen-bildung-schulqualitaet-expertise_sprachfoerderung.pdf [31.01.2022].
Kultusministerkonferenz (Hrsg.). (2004). Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Mittleren Schulabschluss. Beschluss vom 4.12.2003. Verfügbar unter: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2003/2003_12_04-BS-Deutsch-MS.pdf [31.01.2022].
Kultusministerkonferenz (Hrsg.). (2005). Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Hauptschulabschluss. Beschluss vom 15.10.2004. Verfügbar unter: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2004/2004_10_15-Bildungsstandards-Deutsch-Haupt.pdf [31.01.2022].
Leubner, M., Clauß, H., Franke, C. & Metscher, M. (2010). Initiative zur Lesekompetenzförderung in allen Fächern mit dem Schwerpunkt Lesestrategien. Verfügbar unter: https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/themen/sprachbildung/Lesecurriculum/Lesestrategien/HR_LeseNavigator.pdf [31.01.2022].
Mayer, A. & Marks, D.-K. (2019). Förderung des Textverständnisses durch die Vermittlung von Verstehensstrategien – Eine Metaanalyse zur Effektivität*. Forschung Sprache 1, 4-36.
Walter, J. (2020). Verbesserung des Leseverständnisses auch bei schwachen Grundschülern der vierten Klasse. Evaluation einer Fördermaßnahme auf der Basis des Programms "Wir werden Textdetektive" im Rahmen einer Felduntersuchung. Empirische Sonderpädagogik 12 (4), 320-346. Verfügbar unter https://www.pedocs.de/volltexte/2021/21614/pdf/ESP_2020_4_Walter_Verbesserung_des_Leseverstaendnisses.pdf [31.01.2022]
Letzte Änderung am: 25.06.2024