Generatives Schreiben

FörderkonzeptPrimarstufeSekundarstufe

Kurzbeschreibung

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Bei dem Tool Generatives Schreiben handelt es sich um ein Konzept zur Förderung der sprachlichen Fähigkeiten im Bereich der Schriftsprache in der Primar- und Sekundarstufe (Klassen 2 bis 6). Das Konzept wurde für ein- und mehrsprachige Schülerinnen und Schüler erarbeitet. Auf Grundlage literarischer Texte (z.B. Kinderverse, Gedichte oder Lieder) werden beim Generativen Schreiben einzelne Wörter oder Phrasen der Texte von den Kindern kreativ verändert, so dass neue Texte entstehen. Ziel des Generativen Schreibens ist es, durch die Produktion eigener Texte Rechtschreib- und Grammatikregeln implizit zu erarbeiten und zu üben.

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Zielbereich Altersgruppe Durchführbarkeit Theoretische Fundierung Wirksamkeit
3,20,21 7 bis 12 grüner Punkt grüner Punkt blauer Punkt

grüner Punkt sehr empfehlenswert* | gelber Punkt empfehlenswert* | blauer Punkt weniger empfehlenswert*

*aus wissenschaftlicher Sicht

Letzte inhaltliche Bearbeitung/Prüfung am: 28.05.2024

Welches Ziel hat das Tool?

Das Förderkonzept Generatives Schreiben von G. Belke richtet sich an ein- und mehrsprachige Schülerinnen und Schüler der Klassen 2 bis 6 in der Primar- und Sekundarstufe und verfolgt das Ziel, insbesondere die schriftsprachlichen Kompetenzen der Kinder durch die Auseinandersetzung mit literarischen Texten zu fördern. Die produktive Beschäftigung mit vorgegebenen Texten soll zum entdeckenden Lernen von Rechtschreib- und Grammatikregeln beitragen, darüber hinaus zum Schreiben anregen. Das Konzept kann auch bei Schülerinnen und Schülern mit geringen Deutschkenntnissen angewandt werden und bei ihnen Erfolgserlebnisse schaffen, da schnell eigene sprachlich korrekte Texte produziert werden können. Die Methode des Generativen Schreibens kann sowohl im Grammatikunterricht als auch im Schreib-, Rechtschreib- oder Literaturunterricht genutzt werden. Es eignet sich im Primarbereich für den Einsatz in den Modulen P1 „Gezielte sprachliche Bildung in fachlichen und alltäglichen Kontexten“ und P2 „Intensive sprachstrukturelle Förderung“, in der Sekundarstufe im Modul S2 „Lese- und Schreibstrategien im Verbund vermitteln“ sowie S3 „Selbstreguliertes Lesen und Schreiben“. Auch im Unterricht mit neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen kann es eingesetzt werden.

Für welches Vorhaben kann das Tool eingesetzt werden?

Beim Tool Generatives Schreiben handelt es sich um ein Konzept zur Förderung der Sprachkompetenzen von Schülerinnen und Schülern mit Deutsch als Erst- oder Zweitsprache in den Klassen 2 bis 6 der Primar- und Sekundarstufe. Mit dem Konzept wird das Ziel verfolgt, die sprachlichen Kompetenzen der Kinder zu fördern, indem sie sich produktiv mit literarischen Texten wie Kinderversen, Liedern, Märchen oder Reimen beschäftigen. Beim Generativen Schreiben handelt es sich in erster Linie um eine Methode zum Erarbeiten und Üben grammatischer Phänomene. Auf der Basis vorgegebener Texte produzieren die Schülerinnen und Schüler nach bestimmten Vorgaben eigene Texte. Dabei kann Grammatik insbesondere im Bereich der Flexionsmorphologie (z.B. Genus und Kasus bei Nomen und Adjektiven, Konjugation bei Verben) implizit erarbeitet werden, ohne dass sie explizit zum zentralen Gegenstand des Unterrichts wird. Die kreative Beschäftigung mit Sprache sowie die Abwandlung literarischer Texte können zudem als Ausgangspunkt zur Sprachreflexion dienen. Die Methode des Generativen Schreibens richtet sich gleichermaßen an Schülerinnen und Schüler mit Deutsch als Erst- und Zweitsprache: Für Schülerinnen und Schüler mit geringen Deutschkenntnissen kann die Vorgabe von Textmustern eine Arbeitserleichterung darstellen, da die Konzentration auf ausgewählte Bereiche des Textes gelenkt wird. So wird es auch diesen Kindern ermöglicht, eigene sprachlich korrekte Texte zu verfassen. Kindern mit Deutsch als Erstsprache oder mehrsprachigen Kindern mit guten Deutschkenntnissen wird zudem ermöglicht, sich kreativ mit Wörtern und Texten auseinander zu setzen. Das Generative Schreiben dient darüber hinaus auch der Erweiterung des Wortschatzes sowie der Förderung der Schreibmotivation, da die Kinder schnell eigene Texte mit literarischem Gehalt produzieren können.

Wie funktioniert das Tool?

Bei der Methode des Generativen Schreibens werden bereits vorhandene Texte mit ästhetischem Gehalt (z.B. Verse, Lieder, Märchen oder Bilderbuchtexte) verwendet und zum Erstellen eigener Texte genutzt. Zur Umsetzung der Methode wählt die Lehrkraft zunächst einen Text aus, mit welchem sie Generatives Schreiben umsetzen möchte. Im Anschluss an die Präsentation und das mehrmalige Lesen des Textes im Unterricht werden von der Lehrperson einzelne Wörter oder Phrasen herausgegriffen und durch Lücken ersetzt, die von den Schülerinnen und Schülern nun neu gefüllt werden sollen. Dabei muss die grammatische Form stets an den sprachlichen Kontext angepasst werden. In der Klasse können hierfür zunächst gemeinsam alternative Wörter oder Phrasen gesammelt und in die entstandenen Lücken eingesetzt werden. Sobald die Kinder das Prinzip des Ersetzens einzelner Phrasen verstanden haben, können sie auch eigene Versionen des Textes aufschreiben und sich diese gegenseitig vorlesen.

Folgendes Beispiel verdeutlicht das Generative Schreiben (entnommen aus Belke, 2007, S. 1018). Mit Hilfe von Textteilen aus dem Bilderbuch „Der Hase mit der roten Nase“ von Helme Heine (s. Literaturverzeichnis) kann in der Primarstufe die Nominalflexion geübt werden, indem einzelne Nominalphrasen (z.B. ‚ein Hase‘; ‚eine rote Nase‘) durch neu erdachte Nominalphrasen ersetzt werden. Aus dem Originaltext könnten somit mit neuen Wörtern beliebig viele weitere Varianten erstellt werden:

Original

Variante 1

Variante 2

Es war einmal ein Hase

mit einer roten Nase

und einem blauen Ohr.

Das kommt ganz selten vor.

Es war einmal eine Katze

mit einer silbernen Tatze

und einem goldenen Ohr.

Das kommt ganz selten vor.

Es war einmal ein Schwein

mit einem grünen Bein

und einem roten Ohr.

Das kommt ganz selten vor.

Ziel dieser Übung ist es, die Flexion von Nominalphrasen auf spielerische Art und Weise einzuüben. Dabei werden sowohl Nomen mit verschiedenen Genera verwendet (männlich: der Hase, weiblich: die Katze, sächlich: das Schwein) als auch verschiedene Kasus eingeübt (Nominativ: die Katze, Dativ: mit einer silbernen Tatze). Geübt werden können darüber hinaus auch die Verwendung sowohl bestimmter als auch unbestimmter Artikel und das Ersetzen von Nomen durch Pronomen. Daneben können analog dazu Bedeutungsbeziehungen der Wörter untereinander gefestigt werden (z.B. Tiere und ihre Körperteile) (vgl. Belke, 2007, 2008).

Beim Generativen Schreiben wird hervorgehoben, dass sich die Schülerinnen und Schüler durch die Bearbeitung literarisch-ästhetischer Texte nicht explizit, sondern zunächst ausschließlich auf implizite Weise mit grammatischen Phänomenen beschäftigen. So wird auch ein entdeckendes Lernen im Bereich der Grammatik möglich, indem beispielsweise Grammatikregeln auf Grundlage des Generativen Schreibens induktiv erarbeitet werden können. Das Schreiben sowie die Reflexion über sprachliche Strukturen können so integrativ durch die produktive Beschäftigung mit Literatur gefördert werden.

Die Methode wurde von Gerlind Belke erstrangig für die Arbeit im Grundschulunterricht entwickelt. Sie weist jedoch darauf hin, dass auch in der Sekundarstufe mit der Methode des Generativen Schreibens gearbeitet werden kann (Belke, 2007). Als geeignete Textsorte nennt die Autorin hier beispielsweise Fabeln, da sich diese aufgrund ihrer klaren Struktur und – eng damit verbunden – ihrer Konzentration auf wenige sprachliche Mittel als gute Grundlage fürs Generative Schreiben in der Sekundarstufe eignen.

Was wird benötigt, um das Tool umzusetzen?

Material: Für das Konzept des Generativen Schreibens werden keine spezifischen Materialien zur Umsetzung benötigt. Die Lehrkraft benötigt lediglich einen Text mit möglichst ästhetischem Gehalt (z.B. Gedicht, Kindervers oder Bilderbuchtext), welcher die zu übenden sprachlichen Strukturen enthält und sich zur produktiven Weiterarbeit eignet. Beispiele finden sich u.a. in den Literaturhinweisen.

Schulung: Zur Anwendung des Verfahrens ist keine Schulung notwendig. Nähere Informationen zur Umsetzung des Verfahrens sind im Buch von Belke (2008) sowie Belke und Geck (2004) enthalten (s. Zugänglichkeit). Zur Auswahl geeigneter Texte sowie zur Umsetzung im Unterricht ist ein explizites Wissen über grammatische Strukturen erforderlich.

Kosten: Mit der Umsetzung des Konzepts als solches sind keine Kosten verbunden. Als konkrete Hilfsmittel für die Umsetzung des Ansatzes gibt es Bücher, in welchen u.a. Beispiele gegeben werden (z.B. Belke 2008; Belke & Geck, 2004, s. Literaturhinweise ). Das Buch „Das Rumpelfax. Singen, spielen, üben im Grammatikunterricht. Handreichungen für den Deutschunterricht in mehrsprachigen Lerngruppen“ von Belke und Geck (2004) kostet 18 Euro. Das Buch „Poesie und Grammatik: kreativer Umgang mit Texten im Deutschunterricht mehrsprachiger Lerngruppen“ von Belke (2012) kostet 19,80 Euro.

Zugänglichkeit: Die beiden Bücher „Das Rumpelfax. Singen, spielen, üben im Grammatikunterricht. Handreichungen für den Deutschunterricht in mehrsprachigen Lerngruppen“ von Belke und Geck (2004) (ISBN: 978-3834003331) und „Poesie und Grammatik: kreativer Umgang mit Texten im Deutschunterricht mehrsprachiger Lerngruppen“ von Belke (2012) können im Buchhandel erworben werden (ISBN: 978-3834010827).

Wie ist das Tool a) theoretisch b) empirisch fundiert?

a) theoretische Fundierung

Das Konzept zum Generativen Schreiben wurde von Dr. Gerlind Belke entwickelt, die von 1970 bis 2002 als akademische Oberrätin an der Universität Dortmund am Institut für Deutsche Sprache und Literatur tätig war und dort zum Schwerpunkt „Mehrsprachigkeit im Deutschunterricht“ arbeitete.

Das Generative Schreiben entstand auf der Grundlage der Kritik einer institutionellen Trennung zwischen Erst-, Zweit- und Fremdsprachendidaktik. So kritisierte Belke (2003), dass es im Deutschunterricht an einem sprachdidaktischen Konzept fehle, welches die Lernbedürfnisse der Kinder mit Deutsch als Erst- und Zweitsprache gleichermaßen berücksichtige. Im von ihr entwickelten Konzept „Deutschunterricht unter den Bedingungen der Mehrsprachigkeit“ (Belke, 2003) sollten Kinder mit Deutsch als Zweitsprache daher gleichberechtigt berücksichtigt werden.

Ausgangsüberlegungen zum Konzept basieren auf Überlegungen zur Rolle von Sprachspielen im kindlichen (Zweit-)Spracherwerb sowie zu allgemeinen didaktischen Prinzipien. Mit dem Generativen Schreiben sollte eine Methode entwickelt werden, mit welcher systematischer Zweitsprachenunterricht zur Übung sprachlicher Strukturen in den alltäglichen Deutschunterricht integriert werden kann. Einsprachig deutsche Kinder, die die zu übenden Sprachkompetenzen in der Regel bereits erlangt haben, sollten dabei ebenfalls die Möglichkeit zur Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten erhalten, indem sie sich kreativ mit Sprache auseinandersetzen. Als eine Form des Sprachspiels sieht Belke das Generative Schreiben als optimalen Ausgangspunkt, um die Lernbedarfe von ein- und mehrsprachigen Kindern gleichermaßen aufgreifen zu können: Es lenkt die Aufmerksamkeit der Kinder auf sprachliche Strukturen und verbindet zugleich die Förderung von Literatur- und Spracherwerb.

b) empirische Fundierung

Eine empirische Überprüfung oder Evaluation des Generativen Schreibens im Hinblick auf eine Steigerung der Sprachkompetenzen bei Schülerinnen und Schülern mit Deutsch als Erst- und Zweitsprache, die mit der Methode gearbeitet haben, liegt bislang nicht vor.

Alter: 7; 8; 9; 10; 11; 12

Klassenstufe: 2; 3; 4; 5; 6

Verbünde, die dieses Tool nutzen:

Links:

Aufsatz zum Generativen Schreiben als Grundlage interkultureller sprachlicher Bildung von Gerlind Belke:
https://www.uni-due.de/imperia/md/content/prodaz/generatives_schreiben.pdf [28.05.2024]

Aufsatz von Gerlind Belke zu Deutsch als Zweitsprache in Regelklassen – Das Sprachspiel als Grundlage des integrativen Deutschunterrichts:
 https://docplayer.org/50178825-Deutsch-als-zweitsprache-in-regelklassen.html [28.05.2024]

Literaturhinweise

Belke, G. (2003). Deutsch als Zweitsprache in Regelklassen. Das Sprachspiel als Grundlage eines integrativen Deutschunterrichts. Verfügbar unter http://www2.uni-wuppertal.de/FBA/germanistik/Homepage_Neuland/Display/pdf/Belke.pdf [24.02.2020].

Belke, G. (2007). Die Schriftsprache: Ein vernachlässigter Bereich der Didaktik in mehrsprachigen Lerngruppen. In: H. Schöler & A. Welling (Hrsg.), Handbuch Sonderpädagogik. Band 1. Sonderpädagogik der Sprache (S. 1005 – 1021). Göttingen: Hogrefe.

Belke, G. (2008). Mehrsprachigkeit im Deutschunterricht. Sprachspiele, Spracherwerb und Sprachvermittlung. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.

Belke, G. (2012). Poesie und Grammatik: kreativer Umgang mit Texten im Deutschunterricht mehrsprachiger Lerngruppen. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.

Belke, G. & Geck, M. (2004). Das Rumpelfax. Singen, spielen, üben im Grammatikunterricht. Handreichungen für den Deutschunterricht in mehrsprachigen Lerngruppen. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.

Heine, Helme (2006). Der Hase mit der roten Nase: Vierfarbiges Papp-Bilderbuch. Weinheim: Beltz & Gelberg.

Letzte Änderung am: 31.05.2024

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