von MTO Psychologische Forschung und Beratung GmbH (Autoren)
Kurzbeschreibung
Das Verfahren 2P | Potenzial & Perspektive - Ein Analyseverfahren für neu Zugewanderte ist ein online-basiertes modulares Verfahren zur Erfassung sprachlicher (Deutsch, Englisch), fachlicher (Mathematik) und überfachlicher Kompetenzen (Kognitive Basiskompetenz und Methodische Kompetenz) sowie berufsbezogener Kompetenzen und Interessen junger Menschen mit wenig oder keinen Deutschkenntnissen. Dabei erfolgt die Kompetenzerfassung kulturfair und –sprachreduziert. Lediglich die Erfassung der Lernstände Deutsch und Englisch kann nicht sprachreduziert angeboten werden. Ziel ist es, ressourcenschonend und zielgerichtet zu einer Einschätzung der verschiedenen Kompetenzen von neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen im Alter ab 10 Jahren zu kommen, um ihnen eine gelingende schulische, berufliche und gesellschaftliche Integration zu ermöglichen. Die Erfassung des Sprachstandes neu Zugewanderter ist somit nur ein Teilbereich des Verfahrens.
Qualitätscheck als Diagnostik-Tool:
(Für Erläuterungen mit der Maus auf die Zahlen und Punkte in der Tabelle zeigen.)
sehr empfehlenswert* | empfehlenswert* | weniger empfehlenswert*
*aus wissenschaftlicher Sicht
Bildungsetappe | Zielbereich | Altersgruppe | Durchführbarkeit | Theoretische Fundierung | Erfüllung der Gütekriterien |
---|---|---|---|---|---|
Sekundar | 1,2,3,4,12,20 | 10 bis 20* |
Das Verfahren entspricht überwiegend den Minimalstandards. Optimierungsbedarf besteht bei der Überprüfung der Reliabilität für das Sprachniveau B2/C1 (bis Ende 2019 konnte aufgrund zu weniger Datensätze keine Prüfung vorgenommen werden). Die Validität kann als gegeben angesehen werden, jedoch liegt keine empirische Validierung vor (z.B. Vergleich mit anderen Verfahren, die Ähnliches erfassen).
Bitte beachten Sie den Hinweis am Ende der Beschreibung. |
Letzte inhaltliche Bearbeitung/Prüfung am: 22.04.2024
Das Verfahren 2P ist ein diagnostisches Tool, allerdings kein spezifisches Tool zur ausschließlichen Diagnostik sprachlicher Kompetenzen. Durch den gezielten Einsatz verschiedener Programmbausteine können jedoch individuelle Schwerpunkte gesetzt und eine Entwicklung in diesen spezifischen Bereichen abgebildet werden. Zudem wird ein Großteil der Tests für verschiedene Altersgruppen bzw. in verschiedenen Niveaustufen angeboten, so dass ein Einsatz bei Kindern und Jugendlichen unterschiedlichen Alters und Entwicklungsstands möglich ist und der großen Heterogenität der Zielgruppe Rechnung getragen wird. Das Tool eignet sich dazu, ressourcenschonend und flexibel – es ist webbasiert und kann mit einer ganzen Gruppe oder auch nur mit einer einzelnen Person durchgeführt werden – fachliche, überfachliche und berufsbezogene Kompetenzen und Interessen sowie bildungsbiografische Informationen kulturfair und sprachreduziert zu erfassen und bildet damit eine Ausgangslage zur gezielten individuellen Förderung und Hinführung zur Beschulung in Regelklassen von neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen. Durch die Erkennung der Kompetenzen der jungen Menschen wird der Prozess der schulischen, beruflichen und gesellschaftlichen Integration frühestmöglich unterstützt.
Das Tool ist einsetzbar in den Modulen S1 „Diagnose und Förderung der Leseflüssigkeit“ sowie S 4 „Sprachliche Bildung in fachlichen Kontexten“.
Das Verfahren wurde für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche im Alter ab 10 Jahren mit wenig oder keinen Deutschkenntnisse entwickelt, um anhand einer gezielten sprachreduzierten und kulturfairen Diagnostik die Einordnung in den Regelunterricht zu erleichtern und eine individuelle Förderung fachlicher und überfachlicher Kompetenzen und somit eine schnellere schulische Integration zu ermöglichen. Dafür stehen acht Bausteine (siehe „wie funktioniert das Tool?“) zur Verfügung, aus denen flexibel und zielgerichtet die Tests ausgewählt werden können, die von individuellem Interesse sind. Der modulare Aufbau und die Verlaufsdokumentation sind auf einen kontinuierlichen Förderprozess ausgerichtet, um so die schulische, berufliche und gesellschaftliche Integration zu unterstützen. Für die Bausteine Lernstand Deutsch, Lernstand Englisch, Lernstand Mathematik, Kognitive Basiskompetenz und Methodische Kompetenz stehen jeweils drei verschiedene Testversionen zur Verfügung, so dass auch bei einer erneuten Testung eines Bausteins eine unterschiedliche Testversion angeboten wird. Dies ermöglicht eine optimale Verlaufsdiagnostik und somit Dokumentation der Kompetenzentwicklung der jungen Menschen.
Das Verfahren 2P wird über computergestützte Tests durchgeführt und ist in acht Bausteine gegliedert. Zu jedem Baustein gibt es eine Beschreibung, in der u. a. Informationen zum allgemeinen Aufbau des Bausteins, der Testvorbereitung und -durchführung sowie der Auswertung und Rückmeldung der Ergebnisse gegeben werden. Zur Vorbereitung auf die Durchführung des Verfahrens in der Praxis steht den durchführenden Personen eine vorbereitende Übungsstunde zur Verfügung. In dieser Übungseinheit, die aus einer Präsentation, einem computergestützten Test und Begleitmaterial für Lehrkräfte besteht, sollen Inhalte vermittelt und Ablauf und Ziel des Verfahrens anschaulich dargestellt werden, ebenso werden die Aufgabenformate kennengelernt und der Umgang mit dem Computer geübt. Somit sollen die Teilnehmenden motiviert und eventuell vorhandene Ängste minimiert werden.
Durch den modularen Aufbau des Verfahrens kann die Durchführung flexibel an die Bedürfnisse der jungen Menschen und das Erkenntnisinteresse der begleitenden Fachpersonen angepasst werden. Es kann das Gesamtverfahren oder lediglich einzelne Bausteine durchgeführt werden. Die Bausteine können in unterschiedlicher Reihenfolge sowie mehrmals nacheinander eingesetzt werden. Die Durchführung aller Bausteine erfolgt online, die Ergebnisse werden nach Beendigung des jeweiligen Tests automatisch ebenfalls online generiert und zur Verfügung gestellt. Für einen Baustein werden in der Regel 45 Minuten benötigt, wobei die Instruktion ca. fünf Minuten und die Bearbeitung des Tests 40 Minuten in Anspruch nehmen. Jeder Test kann entweder im Klassenverband, in der Kleingruppe oder im Einzelsetting durchgeführt werden. Die Lehrkräfte bzw. begleitenden Fachpersonen treffen dabei die Entscheidung, welche Bausteine für wen eingesetzt werden. Auf diese Weise können auch Neuzugänge jederzeit getestet werden. Die gesamte Dauer der Durchführung ist also davon abhängig, welche und wie viele Bausteine zur Durchführung ausgesucht wurden. Die Auswahl der Bausteine richtet sich nach den Zielen der Durchführenden der Potenzialanalyse, es gibt von Seiten der Entwicklerin keine Vorgaben, welche Bausteine gemacht werden müssen oder sollten.
2P ist ein sprachreduziertes Verfahren, das gerade auch mit den Teilnehmenden, die über keine oder sehr geringe Deutschkenntnisse verfügen, durchgeführt werden kann. Dies wird gewährleistet, in dem die vom Programm automatisch vorgegebenen Instruktionen für die einzelnen Aufgaben grafisch dargestellt sind und teilweise lediglich durch Worte wie „Info“ oder „richtig“ ergänzt werden. Jeder Baustein wird mit einer Startseite eingeleitet, auf der Icons zu sehen sind, die symbolisch auf den jeweiligen Untertest hinweisen. Nach Klick auf einen Pfeil wird die nächste Bildschirmseite geöffnet, die nun die Instruktion enthält. Zunächst erscheint grafisch dargestellt eine Beispielaufgabe, im Anschluss soll die bzw. der Teilnehmende eine Übungsaufgabe lösen. Sie bzw. er erhält umgehend eine Rückmeldung, ob die Aufgabe richtig oder falsch gelöst wurde. Nur bei der richtigen Lösung startet der eigentliche Test.
Nach Abschluss des Tests werden zwei Ergebnisdokumente erstellt. Auf dem Ergebnisdokument für die Teilnehmenden werden die Ergebnisse grafisch unterstützt durch Sterne abgebildet. Im Ergebnisdokument für die Lehrkräfte und andere begleitende Fachpersonen sind zudem Detailergebnisse aufgeführt, die eine individuelle Reflexion der Ergebnisse und darauf aufbauende Förderung unterstützen.
Das Verfahren 2P besteht aus acht Bausteinen, die wiederum mehrere Untertests beinhalten:
Lernstand Deutsch (Sprachniveaus
2P-Zertifizierung Deutsch A2
2P-Zertifizierung Deutsch B1
Lernstand Englisch (Sprachniveaus
Lernstand Mathematik (Klassenstufen 5/6, 7/8, 9/10)
Biografische Informationen
Kognitive Basiskompetenz (Altersstufen 10-15 und 16-20 Jahre)
Methodische Kompetenz
Berufliche Orientierung
In den verschiedenen Bundesländern, in denen das Tool bereits genutzt wird (Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Bremen, Thüringen, Berlin, Hamburg und dem Saarland) existieren teilweise Unterschiede bzgl. integrierter Bausteine oder der Verwaltungsebene. Dies hat konzeptuelle Gründe oder liegt an den jeweiligen Datenschutzbestimmungen.
Die Verfahrensversion für die Bildungsträger und andere außerschulische Institutionen wird ergänzt um die Bausteine Soziale Kompetenz und Fachliche Kompetenz. Beide Bausteine werden nicht über onlinebasierte Tests, sondern systematische Beobachtung erfasst. Für den Baustein Soziale Kompetenz stehen standardisierte Beobachtungsausgaben und -instrumente zur Verfügung, die die Erfassung der Kompetenzmerkmale Kommunikationsfähigkeit, Kritikfähigkeit und Teamfähigkeit ermöglichen. Der Baustein Fachliche Kompetenz unterstützt die Erfassung berufsfeldbezogener Kompetenzen im jeweiligen Praxisfeld.
Material: Zugang zur 2P-Verfahrensplattform: Alle Tests, Einmal-Passwörter zur Durchführung der Tests, Ergebnisdokumente sowie Materialien zur Vorbereitung (z. B. Beschreibung für Lehrkräfte/Anwendende) werden dort bereitgestellt.
Schulung: Es besteht die Möglichkeit, an einer Schulung teilzunehmen. Abhängig vom Bundesland kann diese Schulung eine Voraussetzung für die Durchführung des Verfahrens darstellen.
Kosten: Bei Durchführung auf Schulebene in einem teilnehmenden Bundesland ist die Teilnahme kostenlos. Für außerschulische Institutionen wird pro Teilnehmer*in und Durchführung ein Credit fällig, der zuvor käuflich erworben werden muss.
Zugänglichkeit: Anfragen können gerichtet werden an: MTO Psychologische Forschung und Beratung GmbH, Schleifmühleweg 68, 72070 Tübingen, Tel.: 07071 9101-5, 2p@mto.de
a) Theoretische Fundierung:
Das Verfahren wurde im Auftrag des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg entwickelt und anschließend auch in Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Bremen, Thüringen, Berlin, Hamburg und dem Saarland implementiert. Eine theoretische Einbettung liegt für jeden einzelnen der acht Bausteine vor. Diese wird ausführlich in der Verfahrensbeschreibung dargestellt, welche im Internet verfügbar ist.
Der Baustein „Lernstand Deutsch“ basiert auf dem Konzept der griechisch-lateinischen Grammatik von Ehlich (2005). Dieses besagt, dass Sprache, basierend auf den Kategorien der Grammatik und des Lexikons, einerseits durch das aktive Erwerben bestimmter Regeln und Strukturen erworben wird, andererseits aber auch im Kontakt mit der Umgebung. Ableitend aus dieser Annahme und verbunden mit verschiedenen Funktionen, die der Einsatz von Sprache verfolgt, postuliert Ehlich sieben Basisqualifikationen zur Einschätzung der Sprachkompetenz. Es werden v.a. fünf der sieben Basisqualifikationen in den vier Untertests (Hören, Wortschatz, Lesen und Schreiben) durch entsprechend gestaltete Aufgaben systematisch erfasst, bspw. durch Höraufgaben zu Erfassung der rezeptiven und der semantischen Basisqualifikation. Huneke und Steinig (2010) kategorisieren vier Grundfertigkeiten der Sprache, die als Ziel im Sprachunterricht verfolgt werden (Hören/Hörverstehen, Sprechen, Lesen, Schreiben). Diese werden im gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER) berücksichtigt, der wiederum als Orientierung für die Erstellung der diagnostischen Aufgaben zur Erfassung der Deutschkenntnisse im Verfahren 2P diente. Entsprechendes gilt für den Baustein Lernstand Englisch.
Der Baustein „2P-Zertifizierung Deutsch“ mit den Niveaustufen A2 und B1 ermöglicht eine vertiefte Sprachstandserhebung in der Sprache Deutsch in den Bereichen Hören, Wortschatz, Lesen, Sprechen und Schreiben. Die Aufgaben orientieren sich an der Niveaustufe A2 bzw. B1 des GER. Die theoretischen Grundlagen entsprechen denen des Bausteins „Lernstand Deutsch“. In den fünf Untertests werden alle sieben Basisqualifikationen nach Ehlich erfasst.
Der Baustein „Lernstand Mathematik“ basiert auf Aussagen des Mathematikers Heinrich Winter (1995), der drei Elemente als Grundlage für den Mathematikunterricht in der Schule postuliert. Erstens sollen Erscheinungen um uns herum in einer spezifischen Art und Weise wahrgenommen und verstanden werden können, zweitens sollen mathematische Gegenstände oder Sachverhalte, die dargestellt werden in Symbolen, Formeln o.ä., kennengelernt und begriffen werden und drittens soll der Mathematikunterricht fördern, dass Fähigkeiten der Problemlösung, die über die Mathematik an sich hinausgehen, erworben werden. Diese Annahmen Winters sind bei der Erstellung der Bildungspläne Baden-Württembergs herangezogen worden. Zusätzlich wird dort darauf hingewiesen, dass, um einen kompetenzorientierten Unterricht umsetzen zu können, prozess- und inhaltsbezogene Kompetenzen entwickelt werden müssen. Die Leitideen, die den inhaltsbezogenen Kompetenzen übergeordnet sind, lassen sich in fünf Bereiche untergliedern (Leitidee Zahl-Variable-Operation, Leitidee Messen, Leitidee Raum und Form, Leitidee Funktionaler Zusammenhang und Leitidee Daten und Zufall). Für jede dieser Ideen wurden konkrete Unterthemen festgelegt. Zu diesen Unterthemen wiederum wurden für das Verfahren 2P entsprechend der Jahrgänge Aufgaben entwickelt.
Mit dem Kognitiven Test wird die „Kognitive Basiskompetenz“ ermittelt. Cattell und Cattell (1963) definierten zwei große Faktoren der kognitiven Kompetenz: 1. Allgemeine kognitive Kompetenzen, die Problemlösungen ermöglichen, ohne dass frühere Lernerfahrungen vorliegen, und 2. Spezialisiertes Wissen und Bildung. Die Kompetenzen der zweiten Kategorie sind stark kultur- und bildungsabhängig und für fachliche Kompetenzen wie Lesen, Sprechen und Rechnen wichtig. Die allgemeinen kognitiven Kompetenzen sind hingegen kultur- und sprachunabhängig. Zu diesen zählen nach Thurstone (1938) die Auffassungsgeschwindigkeit/Konzentrationsfähigkeit (perceptual speed), Merkfähigkeit (memory), Schlussfolgerndes Denken (reasoning) und Räumliches Vorstellungsvermögen (space). Sie wiederum bilden die Grundlage für fachliches Lernen. Auf Grundlage dieser theoretischen Überlegungen verbunden mit dem Aspekt, das Alter der Teilnehmenden zu berücksichtigen, wurden die Aufgaben für das Verfahren 2P in diesem Bereich entwickelt.
Die theoretische Grundlage des Bausteins „Methodische Kompetenz“ bildet der Kompetenzansatz von Erpenbeck und von Rosenstiel (2007). Demnach müssen bestimmte persönliche Voraussetzungen vorliegen, um in einer Situation selbstorganisiert zu handeln. Wissen muss also nicht nur erworben worden sein, sondern es muss in einer bestimmten Situation auch angewendet werden können. Erpenbeck und Sauter (2000) benennen in diesem Zusammenhang vier Kompetenzbereiche. Zur Methodenkompetenz (beschreibt die Fähigkeit, fachliches und methodisches Wissen gezielt einzusetzen) wird u.a. das Planungsverhalten/die Planungsfähigkeit und die Problemlösefähigkeit gezählt. Die Personale Kompetenz (bezeichnet die Kompetenz, sich selbst gegenüber kritisch und in der Lage zu sein, eine Wertehaltung und Ideale zu entwickeln) beinhaltet z.B. die Selbststeuerung. Diese drei Aspekte (Planungsfähigkeit, Problemlösefähigkeit und Selbststeuerung) werden mit Hilfe des Tests zur Methodischen Kompetenz erfasst.
Im Baustein „Berufliche Orientierung“ werden Berufs- und Studieninteressen sowie berufsrelevante überfachliche Kompetenzen erfasst. Interessen kann man auch als eine Form von Einstellungen beschreiben, die affektive, kognitive und verhaltensbezogene Komponenten beinhalten (Aronson, Wilson & Akert, 2008) und die auf Grund ihrer zeitlichen Stabilität die Berufswahl erheblich beeinflussen (Tracey, Robbins & Hofsess, 2005). Berufsrelevante überfachliche Kompetenzen sind Fähigkeiten, die ergänzend zu den fachlichen Fertigkeiten und Kenntnissen eines Berufsfelds notwendig oder zumindest hilfreich sind.
Mit dem Baustein „Biografische Informationen“ werden (bildungs-) biografische Daten erfasst. Durch die Analyse vergangenheitsbezogener Merkmale wie z. B. der Herkunftssprache, Schulbildung, bestimmter Kenntnisse o. ä. soll auf zukünftige Verhaltensweisen, Kenntnisse etc. geschlossen werden können.
Die einzelnen Bereiche des Verfahrens werden theoretisch hergeleitet und begründet. Eine theoretische Fundierung liegt somit vor.
a) Empirische Fundierung
Die Überprüfung der empirischen Fundierung dient der Beurteilung, ob die Durchführung, Auswertung und Interpretation der Testergebnisse aus wissenschaftlicher Sicht gerechtfertigt sind.
Die Objektivität wird überprüft und sicherzugehen, dass die Durchführung und Auswertung des Tests unabhängig vom Testleiter oder der Testleiterin oder der Testsituation sind. Die Durchführungsobjektivität wird beim Verfahren 2P dadurch gewährleistet, dass es sich um ein standardisiertes computergestütztes Verfahren handelt. Zusätzlich werden die Testleiter und Testleiterinnen in einer eintägigen Schulung auf die Durchführung vorbereitet. Die Auswertungsobjektivität wird dadurch sichergestellt, dass die Ergebnisse über einen Auswertungsalgorithmus automatisch ausgewertet und zurückgemeldet werden. In der eintägigen Schulung werden die Testleiter und Testleiterinnen informiert, wie die Testergebnisse zu interpretieren sind, zusätzlich wird das nochmal in der Beschreibung zu jedem Baustein erläutert. Das sichert die Interpretationsobjektivität.
Die Reliabilität gibt an, ob der Test bei einer wiederholten Messung unter den gleichen Umständen immer zum selben Ergebnis kommt. Für das Verfahren 2P | Potenzial & Perspektive - Ein Analyseverfahren für neu Zugewanderte wurde für jeden Baustein die interne Konsistenz, ein Maß für die Reliabilität, bestimmt. Bei der Entwicklung der Items wurden aber insbesondere auch inhaltliche Überlegungen in den Fokus gerückt. Zur Interpretation einer Skala wurde eine hohe Messgenauigkeit angestrebt (vgl. Reliabilität). Zudem wurde bei der Auswahl geeigneter Items auch deren inhaltliche Bedeutung für die Erfassung des Merkmals berücksichtigt. So ist es durchaus plausibel, dass bei Tests zur schulischen Leistungsmessung (Deutsch, Englisch, Mathematik) die Items nicht notwendigerweise ein homogenes Fähigkeitskonstrukt abbilden, da bei der Zusammenstellung der Bildungspläne meist eine große Bandbreite an Fähigkeiten berücksichtigt wird. Aufgrund dieser Heterogenität wäre es nicht angemessen, bei der Aufgabenauswahl diejenigen Aufgaben zu eliminieren, die diese Heterogenität abbilden (Schecker, 2014). Beispielsweise legen Wortlisten des GER fest, welche Wörter Bestandteil einer Niveaustufe sind.
Im Baustein „Lernstand Deutsch“ wurde die Reliabilität für die Sprachniveaus kleiner A1/A1 sowie A2/B1 ermittelt. Die Stichprobengröße lag zwischen 64 und 197 Personen und die interne Konsistenz bei einem mittleren (r=.55) bis hohen (r=.93) Wert. Reliabilitätswerte, die unterhalb der nach wissenschaftlichen Kriterien noch als ausreichend zu bewertenden Grenze von r=.70 liegen (Fisseni, 2004), kommen nur in dem Untertest „Hören“ vor. Zufriedenstellende Werte werden hingegen in den Untertests „Wortschatz“, „Lesen“ und „Schreiben“ erzielt. Die Werte für das Sprachniveau B2/C1 konnten zum Zeitpunkt Ende 2019 nicht berechnet werden, da zu wenig Datensätze vorlagen.
Der Baustein 2P-Zertifizierung Deutsch A2 erreichte zufriedenstellende Reliabilitätswerte (r=.79 - .95) bei einer Stichprobengröße von 17 bis 60 Personen.
Die Reliabilität bei „Lernstand Englisch“ wurde ebenfalls getrennt nach den Sprachniveaus berechnet. Das Sprachniveau kleiner A1/A1 hat eine zufriedenstellende Reliabilität (von .73 - .96) bei Stichprobengrößen zwischen 31 und 118 Personen. Auf dem Sprachniveau A2/B1 wurden Reliabilitätswerte von .68 - .95 ermittelt, die Stichprobengröße lag dort bei 24 bis 61 Personen. Wie auch beim Baustein „Lernstand Deutsch“ konnten für das Sprachniveau B2/C1 noch keine Reliabilitätswerte ermittelt werden.
Der Baustein „Lernstand Mathematik“ wurde entsprechend der Jahrgangsstufen überprüft. Der Test für die Jahrgänge 5/6 erreichte gute Werte (r=.72 - .88) bei einer Datensatzgröße von 108 bis 155 Personen. Ebenso erreichten die Tests für die Jahrgangsstufen 7/8 und 9/10 ausreichend gute Werte (r=.64/.66 - .84/.86). Die Stichprobengröße bei dem Test für die Jahrgänge 7/8 war minimal 145 Datensätze groß, die für die Jahrgänge 9/10 minimal 23, maximal 32 Personen.
Die Reliabilität im Baustein „Kognitive Basiskompetenz“ wurde mittels 42 bis 213 Personen (Untertest für Teilnehmende im Alter von 10-15 Jahre) und 14 bis 214 (Untertest für Teilnehmende im Alter von 16-20 Jahre) Datensätzen errechnet. Die Werte lagen im mittleren (r=.46-.89 für das Alter 10-15 Jahre) bis guten (r=.64-.89 für das Alter 16-20 Jahre) Bereich.
Bei der „Methodischen Kompetenz“ lagen minimal 49 Datensätze vor. Die Reliabilität lag dort im mittleren bis guten Bereich (.56-.98).
Für den Baustein „Berufliche Orientierung“ lag eine Stichprobengröße von 301 Personen vor. Die ermittelte Reliabilität war gut (bei einem Wert von r=.83 - .92).
Die Validität kann als gegeben angesehen werden, da die einzelnen Bausteine auf der Grundlage theoretischer Theorien und Modelle entwickelt wurde (s. Theoretische Fundierung). Eine empirische Validierung (z.B. Korrelation der Ergebnisse mit Testergebnissen ähnlicher Tests) liegt nicht vor.
Eine Normierung kann als gegeben angesehen werden, da in diesem Verfahren, in dem Deutsch als Zweit- bzw. Fremdsprache erfasst wird, keine sozialen Vergleichsnormen angelegt werden, sondern kriteriale Normen. Mit der Orientierung an dem GER ist eine Referenzierung und somit eine Einschätzung der Leistung der Teilnehmerin bzw. des Testteilnehmers vorhanden.
Im Hinblick auf die sprachlichen Bausteine zur Erfassung des Lernstands Deutsch kann zusammenfassend festgestellt werden, dass die Objektivität, Validität und Normierung als gegeben angesehen werden können. Die Reliabilitätswerte sind in den Untertests „Wortschatz“, „Lesen“ und „Schreiben“ ebenfalls zufriedenstellend – hier liegt also eine gesicherte Reliabilität vor. Im Untertest „Hören“ konnte keine ausreichende Reliabilität ermittelt werden. Diese Aussagen bzgl. der Reliabilität treffen für die Sprachniveaus kleiner A1/A1 und A2/B1 zu, für die Sprachniveaus B2/C1 steht die Berechnung der Reliabilität noch aus. Als mögliche Begründung für teilweise nicht ausreichend hohe Reliabilitäten wird in der Verfahrensbeschreibung erwähnt, dass bei der Konstruktion der Tests zur schulischen Leistungsmessung (Deutsch, Englisch und Mathematik) darauf geachtet wurde, eine große Bandbreite an verschiedenen Fähigkeiten zu erfassen. Das führt notwendiger Weise zu einer Heterogenität der Aufgaben, was sich wiederum in einer reduzierten Reliabilität niederschlägt.
./.
Alter: 10; 11; 12; 13; 14; 15; 16; 17
Klassenstufe: 6; 7; 8; 9; 10; Sek II
Über Sprachstandserhebungsverfahren (Ehlich):
http://home.edo.tu-dortmund.de/~hoffmann/PDF/bildungsreform_band_elf.pdf
Infos zum Referenzrahmen:
https://www.sprachtest.de/referenzrahmen
Verfahrensbeschreibung der 2P-Analyse:
http://www.2p-bw.de/site/pbs-bw-new/get/documents/KULTUS.Dachmandant/KULTUS/Projekte/Projekt-2P/Verfahrensbeschreibung_2P.pdf
Psychologische Forschung und Beratung – Entwicklung des Verfahrens 2P | Potenzial & Perspektive:
https://www.mto.de/bildung/bildung/
Übersichtliche Informationen zum Verfahren 2P | Potenzial & Perspektive:
Aronson, E., Wilson, T. D., & Akert, R. (2008). Sozialpsychologie (6., neu bearb. Aufl.). München: Pearson.
Cattell, R. B. & Cattell, A. K. S. (1963). Culture fair intelligence test. Champaign: Institute for Personality and Ability Testing.
Ehlich, K. et al. (2005). Anforderungen an Verfahren der regelmäßigen Sprachstandsfeststellung als Grundlage für die frühe und individuelle Förderung von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund.
Erpenbeck, J., & Sauter, J. (2000). Das Forschungs- und Entwicklungsprogramm „Lernkultur Kompetenzentwicklung“. In Arbeitsgemeinschaft Qualifikations-Entwicklungs- Management (Hrsg.), Kompetenzentwicklung 2000. Lernen im Wandel – Wandel durch Lernen (S. 289-335). Münster: Waxmann.
Erpenbeck, J., & von Rosentiel, L. (2007). Handbuch Kompetenzmessung. Erkennen, verstehen und bewerten von Kompetenzen in der betrieblichen, pädagogischen und psycho- logischen Praxis. Stuttgart: Schäffer.
Fisseni, H.-J. (2004). Lehrbuch der psychologischen Diagnostik (3 Aufl.). Göttingen: Hogrefe
Huneke, H. W., & Steinig, W. (2010). Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung (5., neu bearb. Aufl.). Berlin: Erich Schmidt.
Schecker, H. (2014). Überprüfung der Konsistenz von Itemgruppen mit Cronbachs α. In Methoden in der naturwissenschaftsdidaktischen Forschung (Vol. 439). Berlin: Springer-Verlag, Springer Spektrum.
Thurstone, L. L. (1938). Primary Mental Abilities. Chicago: University of Chicago Press.
Tracey, T. J., Robbins, S. B., & Hofsess, C. D. (2005). Stability and change in interests: A longitudinal study of adolescents from grades 8 through 12. Journal of Vocational Be- havior, 66(1), 1-25.
Winter, H. (1995). Mathematikunterricht und Allgemeinbildung. Mitteilungen der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik, 61, 37-46.
Hinweis: Die Verfahren (Tools), die Sie hier finden, wurden in der Bund-Länder Initiative Bildung durch Sprache und Schrift (BiSS) eingesetzt und bislang aus wissenschaftlicher Sicht als empfehlenswert identifiziert. Verfahren mit einer grünen Kennzeichnung genügen wissenschaftlichen Minimalstandards. Verfahren mit einer gelben Kennzeichnung genügen überwiegend diesen Minimalstandards zeigen jedoch Optimierungsbedarfe, auf die in vorangestellten Anmerkungen hingewiesen wird. Bei den hier aufgeführten Verfahren handelt es sich keineswegs um eine erschöpfende Bewertung sämtlicher verfügbarer Verfahren, sondern um einen VORLÄUFIGEN Stand, der diagnostische Tools berücksichtigt. Eine kriteriale Empfehlungsgrundlage für Förder-Tools wurde ebenfalls im Trägerkonsortium erarbeitet und ist in den Tabellen Qualitätscheck der Förderkonzepte und Förderinstrumente einsehbar. |
Letzte Änderung am: 02.05.2024