Lese-Tandem, Würfelmethode, Vorlesetheater – das sind einige der Methoden, mit denen Schülerinnen und Schüler aus den sechs Grundschulen des Hamburger BiSS-Verbunds „Systematische Leseförderung in der Grundschule“ seit 2015 daran arbeiten, bessere Leserinnen und Leser zu werden. Das Ergebnis: Die Schülerinnen und Schüler konnten ihre Lesekompetenzen im Verlauf des Trainings sukzessive verbessern. Wie haben sie das geschafft? Das zeigt ein neuer Film, den die Hamburger Behörde für Schule und Berufsbildung produziert und im September 2019 veröffentlicht hat.
Kinder sollten zu Beginn der zweiten Klasse mindestens 20 Sätze in drei Minuten so lesen können, dass sie deren Sinn verstehen – das besagt das Salzburger Lese-Screening, ein Verfahren zur Ermittlung der Lesefertigkeiten von Grundschülerinnen und -schülern. Erhebungen in Hamburger Stadtteilen wie Wilhelmsburg, Osdorfer Born oder Billstedt ergaben jedoch, dass die Kinder in den dortigen Grundschulen das im Durchschnitt noch nicht schaffen. In einer der Schulen lag der Durchschnitt bei nur knapp 12 Sätzen in drei Minuten. Ein Hinweis darauf, dass die Schülerinnen und Schüler noch zu sehr damit beschäftigt sind, überhaupt erstmal flüssig zu lesen, bevor sie es schaffen, auch den Inhalt eines Satzes zu verstehen. Häufig ist das bei Kindern der Fall, die in sogenannten schriftfernen Kontexten aufwachsen und in deren Alltag nur wenig vorgelesen wurde.
Die Hamburger Behörde für Schule und Berufsbildung nahm die Erhebung zum Anlass, in den sechs Grundschulen ab der zweiten Klasse regelmäßige Lesetrainings in den Unterricht zu integrieren: Bis zu fünfmal pro Woche trainieren die Schülerinnen und Schüler etwa 15 bis 20 Minuten ihre Lesekompetenzen. Im Film werden die Methoden anschaulich gezeigt, etwa das Lesen im Tandem: Zwei Schüler bilden ein Zweier-Team, der stärkere Leser erhält dabei die Rolle des „Trainers“, der schwächere Leser ist der „Sportler“. Der Sportler liest dem Trainer etwas vor, und der Trainer korrigiert nur dann, wenn der Sportler stockt oder einen Fehler macht. Eine Methode, die es ermöglicht, das Vorlesen in einem geschützten Raum zu trainieren. Auch die anderen Lesemethoden finden in Kleingruppen statt und machen den Schülerinnen und Schülern sichtlich Spaß, wie man im Film sieht.
Wissenschaftlich begleitet wird der Verbund von Prof. Steffen Gailberger, der an der Bergischen Universität Wuppertal zum Thema Lesen forscht und seit vielen Jahren eng mit Schulen und Lehrkräften zusammenarbeitet. Er bildet unter anderem die beteiligten Lehrkräfte fort, damit sie fachlich kompetent in der Leseförderung werden. Im Film erläutert er die wissenschaftlichen Grundlagen des Lesecurriculums und betont, dass die Einführung eines solchen Konzepts nur gelingen kann, wenn ein engagiertes Kollegium und eine unterstützende Schulleitung dahinterstehen.
Im Schuljahr 2017/2018 haben sich 14 weitere Grundschulen aus Hamburg entschlossen, das Leseprogramm auch an ihrer Schule einzuführen. Die nun insgesamt 20 Schulen bilden einen erweiterten Pilotverbund. Die neuen Schulen werden von Steffen Gailberger geschult, erhalten ein kleines Budget zur Anschaffung von Büchern und eine Liste mit motivierender Literatur. Außerdem führen sie jährlich Tests zur Ermittlung der Leseflüssigkeit und weiterer Lesekompetenzen durch und tauschen sich in regelmäßigen Treffen über ihre Umsetzungserfahrungen aus. Damit die im Pilotverbund entwickelten Strukturen dauerhaft bestehen bleiben und durch noch mehr Schulen genutzt werden können, ist der Aufbau eines Fortbildungs- und Begleitsystems am Hamburger Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung geplant. Anfang Dezember findet dort eine erste Fortbildungsveranstaltung für Lehrkräfte aus 30 weiteren interessierten Schulen statt.
Links zum Film
https://www.hamburg.de/steigerung-der-bildungschancen (Kurzfassung, ca. 10 min)
https://www.youtube.com/watch?v=40gMwX1Dv7g (Langfassung, ca. 30 min)
Ansprechpartner
Eric Vaccaro, BiSS-Landeskoordinator für Hamburg
Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Schule und Berufsbildung
Telefon: 040 42863-3075
E-Mail: eric.vaccaro@bsb.hamburg.de
