Unter dem Titel „BiSS Potenziale: resümieren und sichern“ reflektierte die BiSS-Transfer-Abschlusstagung im November 2024 die gemeinsamen Herausforderungen und Erfolge der Bund-Länder-Initiative. Im Mittelpunkt dabei standen die Potenziale, die von großem Nutzen für die weitere sprachliche Bildungsarbeit sein können.
Mehr als 200 Mitwirkende der Initiative BiSS-Transfer kamen nach Berlin, um sich hierzu auszutauschen und spannenden Impulsvorträgen zu folgen. Bildungsjournalist und Politikwissenschaftler Dr. Jan-Martin Wiarda moderierte die zweitägige Veranstaltung, die auch per Live-Stream übertragen wurde.
Grußwort der Bildungsministerin Karin Prien, Ministerium für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein, Mitglied des Präsidiums der Kultusministerkonferenz
„BiSS-Transfer ist eines der wirklich positiven Beispiele für eine Bund-Länder-Arbeit“, betont Karin Prien in ihrem Grußwort am zweiten Tag der BiSS-Transfer-Abschlusstagung. Sie würdigte die vielen Impulse, Ergebnisse und die strukturelle Herangehensweise der Bund-Länder-Initiative im Interesse einer besseren Bildungsqualität und mehr Chancengerechtigkeit.
Dabei hob sie noch einmal hervor, wie wichtig Sprache und insbesondere die Lesekompetenz ist: „Inzwischen wissen wir, Lesen ist die Schlüsselkompetenz. (…) Es geht um nichts weniger, als darum, grundlegende Standards beim Lesen und auch beim Schreiben zu erreichen.“ Ohne diese Kompetenzen sei eine erfolgreiche Bildungsbiografie schlicht nicht denkbar.
Karin Prien betonte, dass die Länder seit vielen Jahren an gemeinsamen Grundlagen für sprachliche Bildung arbeiteten. Bereits im Oktober 2012 hätten Bund und Länder die gemeinsame Initiative „Bildung durch Sprache und Schrift“ – BiSS – ins Leben gerufen. Sie lobte insbesondere die Weiterführung in BiSS-Transfer mit dem Ziel, wirksame Förderkonzepte in die Breite zu tragen. Häufig mangele es daran, auch die Umsetzung mitzudenken. Dies sei mit BiSS-Transfer geschehen. Die Strukturen, die hier geschaffen worden seien, eröffneten die Chance, die Förderkonzepte auch tatsächlich in den einzelnen Klassenraum zu bringen.
Mit den mehr als 3.400 Schulen und Kitas, die sich an BiSS-Transfer beteiligen, sei bundesweit ein starkes Fundament für die Sprachförderung geschaffen worden. Karin Prien lobte ausdrücklich das Engagement der mehr als 30.000 Lehrkräfte und pädagogischen Fachkräfte, die im Rahmen von BiSS und BiSS-Transfer gezielt fortgebildet wurden. Auch im Bereich der Fortbildung sei die Initiative beispielgebend gewesen.
Das Potenzial dieser Zusammenarbeit reiche weit über die vergangenen Jahre hinaus. „Mit BiSS-Transfer haben wir gezeigt, dass gezielte Sprachförderung ein essenzielles Mittel zur Erhöhung von Bildungschancen ist. Jetzt dürfen wir hier nicht nachlassen“, betont sie. Für die Zukunft bedeutet das für sie: „Wir müssen weiter mit ganzer Kraft arbeiten – an den Startchancen-Schulen, aber auch über die Startchancen-Schulen hinaus. Wir müssen weiter an dem Übergang Kita Grundschule arbeiten. Denn auch da liegt ein Schlüssel.“
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Grußwort des Ministerialdirigenten Dr. Stefan Luther, Leiter der Unterabteilung Allgemeine Bildung im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in der Bildung hat „ein ganz stabiles Fundament“, betont Stefan Luther. BiSS sei „ein ungeheuer erfolgreiches Programm, das natürlich davon lebt, wie es gemacht wird.“ Ein Erfolgsfaktor sei das enge Zusammenspiel zwischen hochkarätiger erstklassiger Wissenschaft und der Praxis. Eine solche Zusammenarbeit – mit und für die Praxis – sei prägend für weitere Entwicklungen. Ein Beispiel hierfür sei das Startchancen-Programm, in dem das ebenfalls so angelegt sei.
Denn das Geheimnis, warum das Programm BiSS-Transfer so gut laufe, sieht er vor allem in der Mitwirkung vieler Beteiligter innerhalb des großen BiSS-Netzwerkes begründet: „BiSS-Transfer lebt von dem Input, den die Wissenschaft an dieser Stelle geleistet hat. BiSS-Transfer lebt von den Verantwortlichen in den Ländern, die das aufgenommen haben und es vor Ort ermöglicht haben, dass die Schulen teilnehmen können. BiSS-Transfer lebt von den Tutorinnen und Tutoren, von den Landeskoordinatorinnen und -koordinatoren, die in diesem Programm eine ganz wichtige Aufgabe haben. Und natürlich von den Lehrerinnen und Lehrern in den einzelnen Schulen.“
Mit Blick auf das Startchancen-Programm sieht er die große Chance, von vornherein in eine Größenordnung zu gelangen, die dazu geeignet ist, eine Art Bewegung zu werden. Ein guter Anfang sei bereits gemacht. Das Startchancen-Programm sei mit mehr als doppelt so viel Schulen wie geplant an den Start gegangen, und das bei einer sehr kurzen Vorlaufzeit. Das in BiSS und BiSS-Transfer und in dem Programm SchuMas Erarbeitete solle für Startchancen nutzbar gemacht werden. „Die Dinge verzahnen sich und es ist gut, dass wir einen sehr engen Link zwischen BiSS-Transfer und Startchancen hergestellt haben“, so Stefan Luther.
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„BiSS-Transfer war und ist eine Erfolgsgeschichte“ resümiert Kai Maaz in seiner Keynote zum Auftakt der Abschlusstagung. „BiSS-Transfer war mutig, ist neue Wege gegangen, hat sich mit Herzblut für die Sache eingesetzt, hat Strukturen genutzt und neue geschaffen“ und habe langen Atem bewiesen.
Dabei sei bereits der Start eines Projekts oftmals herausfordernd. Denn am Anfang brauche es ein Ziel, auf das sich alle verständigen und das dann konsequent verfolgt wird. Hier sehen sich die Initiatoren, so Kai Maaz, mit Fragen konfrontiert wie „Welche Rolle kommt den Akteuren in einem System zu?“, „Wie kann das Ziel umgesetzt werden?“ oder „In welchem Verhältnis steht Sprache im Vergleich zu anderen Domänen?“.
BiSS-Transfer habe sich den multiplen Herausforderungen erfolgreich gestellt und zielorientiert eine Schlüsselherausforderung für die Entwicklung im Bildungssystem adressiert. Ein wichtiger Gelingensfaktor ist für den Geschäftsführenden Direktor des DIPF die Arbeit mit einem Forschungsnetzwerk. BiSS habe von Anfang an „nicht ins Blaue“ hinein agiert, sondern erst einmal das Feld sondiert. Dadurch sei die Initiative wissenschaftlich exzellent vorbereitet gewesen. Darüber hinaus sei es gelungen, einen kommunikativen Handlungsrahmen zu entwickeln, der die unterschiedlichen Akteurinnen und Akteure mit ihren unterschiedlichen Funktionen und Rollen sieht und ernst nimmt, so Kai Maaz. „BiSS-Transfer ist wissenschaftsbasiert, lernt aber auch von und mit der Praxis.“, sagt der Bildungsexperte.
Die entscheidende Frage, sei jetzt: Was braucht es, um vom Projekt in eine feste Struktur zu kommen? Wichtig sei hier eine institutionelle Durchgängigkeit, wie auch die Zukunftswerkstatt in Halle im Mai 2023 bereits herausgestellt habe. Dies sei die Voraussetzung dafür, dass etwa Multiplizierende weiterhin fortgebildet und begleitet werden können und die Blended-Learning-Angebote von BiSS-Transfer zugänglich bleiben und sich inhaltlich weiterentwickeln. Auch die länderübergreifenden Netzwerke könnten so koordiniert werden.
BiSS-Transfer habe hier bereits eine entscheidende Grundvoraussetzung geleistet. „Ein interdisziplinäres Trägerkonsortium zu schaffen, das seit zwölf Jahren den gesamten Prozess begleitet, ist einmalig in dieser Form“, erklärt Kai Maaz. Eine große Verantwortung für die Nachhaltigkeit des Programms liegt aber in seinen Augen auch auf Seiten der Bildungspolitik. Es gehe darum eine Steuerungsarchitektur zu schaffen, die kohärent und vernetzt ist von den Bedarfen und von den Akteuren des Systems ausgeht und diese dann in einem iterativen Prozess weiterentwickelt. Eine Struktur für BiSS-Transfer könne beispielsweise sein, Brückeninstitutionen zu nutzen, die Angebote der Wissenschaft mit den Gesetzesgrundlagen der Politik, den Umsetzungslogiken der Verwaltung und den Bedarfen der schulischen Praxis im Sinne einer kohärenten Schulentwicklung synthetisiert und synchronisiert.
Wenn man sich BiSS-Transfer anschaue, dann sei man sehr dicht an einer solchen intermediären Institution, hier sei sehr Vieles bereits angelegt. „An dieser Stelle haben Sie alle Pionierarbeit geleistet“, lobt Kai Maaz die Arbeit der BiSS-Mitwirkenden am Ende seines Vortrags.
„Die Bildungspolitik darf sich nicht damit legitimieren, dass sie Programme initiiert und Projekte macht. Der Schritt von einem Programm hin zu einer Struktur zu kommen, das ist eine Aufgabe, die ich ganz klar auch in der Bildungspolitik sehe.“
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Dr.in Martina Diedrich, Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung (IfBQ), Hamburg
Prof. Dr. Kai Maaz, DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation
Prof. Dr. Michael Becker-Mrotzek, Trägerkonsortium BiSS-Transfer
Wie Konzepte zur sprachlichen Bildung nicht nur kurzzeitig, sondern systematisch in Schulen und Kitas Fuß fassen können, mit dieser Frage befasste sich auch eine gemeinsame Gesprächsrunde. Moderator Jan-Martin Wiarda eröffnete mit der Frage: „Was ist der iterative Prozess von BiSS-Transfer?“ Gemeinsam mit den vielen Mitwirkenden habe sich BiSS-Transfer immer wieder neuen Herausforderungen gestellt und sich weiterentwickelt, antwortet Michael Becker-Mrotzek. Hierzu zähle beispielsweise das Thema Neuzuwanderung oder auch die auszubauenden Alphabetisierungskompetenzen vieler Kinder. Auch sei der Bereich Schreiben – neben der Kernkompetenz Lesen – noch weiter in den Fokus gerückt. Auf die Frage „Was bleibt?“ antwortet er: „BiSS ist zu einer Marke geworden, die Türen öffnet in Schule, Verwaltung und Politik.“ Die Aufgabe, die für Politik, Administration und Wissenschaft nun anstehe, ist es, das Überleben dieser Marke sicherzustellen. Hierfür brauche es Ressourcen. Im Zusammenhang mit dem Startchancen-Programm müsse das Rad nicht neu erfunden werden.
Martina Diedrich leitet seit Januar im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des Startchancen-Programms das neue Governance-Zentrum. Governance ist ein zentrales Stichwort für die Direktorin des IfBQ. Denn es beinhalte eine Fortführung all dessen, was in BiSS bereits angelegt wurde. Sprich: „Wie steuern wir Programme? Wie bringen wir die Schnittstellen zwischen Bildungspolitik, Bildungsverwaltung, Bildungspraxis und Bildungsforschung so miteinander in Schwingung, dass etwas Gutes entsteht? Das scheint mir die zentrale Frage zu sein, die wir jetzt im Startchancen-Programm adressieren wollen.“, sagt sie. Die Governance-Ebene sei wichtig, um „transformative Praktiken“ in komplexen, trägen Systemen in Bewegung zu setzen und dann in Wirkung zu bringen. Laut ihrer Wahrnehmung habe BiSS auf diesen Aspekt einen intensiven Blick geworfen und dies berücksichtigt und bearbeitet.
Kai Maaz ist der Überzeugung, dass BiSS eine gute Chance hat, sich – als einen Teil – in Startchancen zu etablieren. Denn die Initiative habe die Angebote, die es brauche, um gute Sprachförderung zu machen, mache diese dann aber nicht allein, sondern in einem Kontext unterschiedlicher Expertisen. Beispielsweise könne es sein, dass sich Schulen erst einmal anderen Herausforderungen widmen müssten bevor sie sich auf die sprachliche Bildung konzentrieren können.
Auch Michael Becker-Mrotzek sieht eine wichtige Aufgabe darin, alle Herausforderungen und Entwicklungen, denen sich Schulen stellen, zusammenzubringen und hierfür Lösungen zu finden. Ein großes Konsortium mit vielfältigen Angeboten wie im Startchancen-Programm könne dies leisten. Wichtig sei zudem eine gute Netzwerkarbeit, wie sie sich bei BiSS gezeigt hat. Sprich: Alle einzubeziehen, von der Bildungsforschung, der Bildungspolitik und -administration bis zur Praxis. Denn Netzwerke ermöglichen es, voneinander zu lernen und Veränderungen anzustoßen.
Martina Diedrich hob noch einmal hervor, dass Projekte zentrale Probleme nicht lösen. Es gebe Langläufer-Themen, bei denen es Kontinuität und langen Atem brauche. Hierzu gehöre unter anderem das Thema Mindeststandards in der sprachlichen Bildung.
Aus dem Publikum wurde zudem die Bedeutung des Elementarbereichs für den Erfolg der sprachlichen Bildung betont. Dass es hier um eine wichtige Bildungsetappe geht und die Übergänge entscheidend sind, dazu herrschte einheitlicher Tenor auch in der Gesprächsrunde. Ein wichtiger Schritt sei daher, dass sich in 2024 mehr als 400 Kitas in Bayern der Initiative BiSS-Transfer angeschlossen haben.
„Governance ist ein zentrales Stichwort. Es beinhaltet die Fortführung all dessen, was in BiSS bereits angelegt wurde.“
„BiSS ist zu einer Marke geworden, die Türen öffnet in Schule, Verwaltung und Politik.“
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Was ist eigentlich wissenschaftliche Begleitung? „Heute verknüpfen wir viel mehr Forschungsformate und -ebenen als früher“, lautet die zusammenfassende Antwort der Professorin für Fachdidaktik und Professionalisierungsforschung. Früher sei Bildungsforschung in der öffentlichen Wahrnehmung häufig ausschließlich mit PISA verbunden worden, erläuterte Susanne Prediger. In erster Linie ging es um die Lernstände. Diese Art der Forschung sei zwar wichtig, da so Problemfelder identifiziert wurden und damit auch die Notwendigkeit, etwas zu tun. Wichtig sei aber auch, die Forschung, die die Hintergründe in den Blick nimmt. Zum Beispiel die Frage: Was braucht es eigentlich, um sinnverstehend lesen zu können?
Zur Weiterentwicklung der Lernstände wurde mehr Lese- und Sprachförderung gefordert. Diese in den Schulen zu verankern, sei allerdings nicht einfach, so Susanne Prediger. Die Umsetzungslücke zu füllen, dazu brauchte es eine Initiative wie BiSS. „Es reicht nicht, wenn Wissenschaft nur Probleme feststellt. Wissenschaft muss mehr tun“, erklärt sie.
In BiSS sollte Wissenschaft nicht nur für die externe Evaluation zuständig sein, also nicht nur für die Leistungsmessung der von der Praxis entwickelten Konzepte. Sondern: Die wissenschaftliche Begleitung sollte Lösungsansätze und Wissen generieren, wie gute Förderung gelingen kann. Also empirisch fundiertes Erklärungs-und Handlungswissen vermitteln. Als Beispiel nennt sie die Arbeiten des Forschungsprojekts Lese-BiSS. Das wissenschaftliche Team entwickelte Unterrichtsansätze zur Strategieförderung und Lesestrategietrainings, die nachweislich Wirkung zeigten und erklärten, warum dies der Fall ist.
Auch in anderen Fächern wie Mathematik ist Sprachbildung zentral, nicht nur Lesen und Schreiben, sondern Sprachhandlungen im Mündlichen, betont Susanne Prediger. Schülerinnen und Schüler brauchten Sprache, um ein Verständnis für abstrakte Fachkonzepte und -zusammenhänge überhaupt zu entwickeln. Dazu könnten Sprachbildungsansätze vom Fach Deutsch nicht eins zu eins übernommen werden. Denn themenspezifische Sprachbildungskonzepte und -materialien sind erforderlich, die den Schülerinnen und Schülern helfen, die fachlich relevanten Strukturen zu durchblicken und zu versprachlichen. Laut einer Interventionsstudie, die sie in ihrem Vortrag vorstellt, profitieren Schülerinnen und Schüler so von einem höheren fachlichen Lernerfolg. Das Team Fach-BiSS entwickelte und evaluierte daher nicht nur effektive Sprachbildungsansätze – zum Beispiel im Bereich Prozentverständnis –, sondern gewann auch empirisch fundiertes Wissen über die Gelingensbedingungen. Beispielsweise sei es für Lehrkräfte entscheidend, wie sie mit den Kindern über fachliche Inhalte reden. Dazu brauche es Fortbildungen.
Die Beispiele machen deutlich, dass ein entscheidendes Merkmal zeitgemäßer wissenschaftlicher Begleitung eine Verknüpfung unterschiedlicher Forschungsformate und -ebenen ist, so Susanne Prediger. Dazu gehöre die Unterrichtsebene, die Fortbildungsebene, die Qualifizierungsebene und zukünftig verstärkt auch die Governance-Ebene. Eine solche Verknüpfung mache auch das BiSS-Forschungsnetzwerk aus. Denn hier wurde empirisch fundiertes Wissen über Gelingensbedingungen von Förderung und Transferprozessen auf allen Ebenen gewonnen. Die Forschung nimmt hier den gesamten Prozess über alle Ebenen in den Blick – bis hin zur Umsetzung im Unterricht. Wissenschaftliche Begleitung müsse dabei immer bottom-up und top-down zugleich sein, also eine Autonomie der Agierenden gewährleisten, aber auch Vorgaben der Wissenschaft beinhalten. Es brauche die Kokonstruktion auf allen Ebenen. BiSS habe dabei Großartiges geleistet, um solche Kooperationsformate aufzubauen, so Susanne Prediger.
Das Bild von wissenschaftlicher Begleitung habe sich also im Laufe der Jahre verändert, resümiert sie. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler übernehmen nicht mehr nur Verantwortung für kleine Teilbereiche, sondern verknüpfen Forschungsformate und sind an der Entwicklung der Lösungsansätze beteiligt. So sei im Startchancen-Programm die Governance-Ebene mit dem neuen Governance-Zentrum bereits mitgedacht. Denn es gehe darum, Lösungsansätze iterativ auszuarbeiten, immer wieder zu prüfen und weiterzuentwickeln.
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Austausch mit einer Kollegin aus der Schweiz: Prof.in Dr. Afra Sturm, Co-Leiterin des Zentrums Lesen am Institut Forschung und Entwicklung der Fachhochschule Nordwestschweiz
Afra Sturm hat die Initiative BiSS und deren Folgeprogramm BiSS-Transfer von Anfang an begleitet – zunächst war sie selbst aktiv beteiligt, später verfolgte sie die Entwicklung als fachkundige Beobachterin. Im Interview mit Jan-Martin Wiarda teilte sie ihre Außenperspektive auf die deutsche Bund-Länder-Initiative. Dabei zog sie unter anderem Vergleiche zum Schweizer Schul- und Unterrichtsentwicklungs-Programm „Qualität in multikulturellen Schulen“ (QUIMS).
Wichtige Erfolgsfaktoren von BiSS und BiSS-Transfer sind aus ihrer Sicht – neben bereits im Rahmen der Tagung genannten Aspekten – vor allem Vertrauen und Risikobereitschaft. Denn: Es erfordere von allen Akteurinnen und Akteuren anfangs eine hohe Risikobereitschaft, weil man zu Beginn nicht genau weiß, wohin die Reise führt. Auch Rückschläge müsse man unter Umständen in Kauf nehmen. Dazu brauche man Vertrauen. Das Vertrauen darauf, Erfolg zu haben und ein gutes Ziel zu verfolgen. Beides hat sie bei BiSS erlebt. Hier könne die Schweiz durchaus von Deutschland lernen. „Ich würde mir etwas mehr von diesem BiSS-Mut für die Schweiz wünschen“, so Afra Sturm.
Auf die Frage, welche Ratschläge sie als Schweizer Bildungsexpertin Deutschland für die Zukunft mitgeben könne, nannte sie drei Erfahrungswerte:
Im Sinne eines solchen wechselseitigen Voneinander-Lernens wünscht sich die Bildungsexpertin auch für die Zukunft weiterhin eine gute länderübergreifende Kooperation.
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Auf der Abschlusstagung wurden 65 BiSS-Multiplikatorinnen und -Multiplikatoren geehrt, die im vergangenen Jahr einen Zertifikatskurs durchlaufen haben. 40 von ihnen waren vor Ort, um ihr Zertifikat persönlich entgegenzunehmen. Mit Erwerb ihres Zertifikats können sie nun selbst Fortbildungen von BiSS-Transfer anbieten sowie weitere Fortbildnerinnen und Fortbildner qualifizieren. Auch die Leistung der BiSS-Tutorinnen und -Tutoren, die viele der Zertifikatskurse organisiert und durchgeführt haben, wurde gewürdigt.
Prof. Dr. Hans-Joachim Roth, Mitglied des Trägerkonsortiums BiSS-Transfer, und Annik Köhne aus dem BiSS-Fortbildungsteam honorierten ihren großartigen Einsatz für die sprachliche Bildungsförderung.
In Vertretung des Lenkungsausschusses ließen es sich Dr. Helge Kahler vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und Rainer Köker von der Hamburger Behörde für Schule und Berufsbildung nicht nehmen, die BiSS-Mitwirkenden auf der Bühne zu beglückwünschen und die Zertifikate zu überreichen.
Prof.in Dr. Petra Stanat, IQB Berlin, Trägerkonsortium BiSS-Transfer
„Zwölf Jahre BiSS und BiSS-Transfer – ein langer Weg, den wir gemeinsam gegangen sind.“ Petra Stanat ließ in ihrem Vortrag die einzelnen Stationen des Programms Revue passieren.
Ein wichtiger erster Schritt war, so die Erziehungswissenschaftlerin, die BiSS-Expertise, die 2012 entstanden ist. In diesem Eckpunktepapier war es bereits verankert, Fördervorschläge der Länder zu integrieren. Die von diesen eingebrachten Konzepte waren zunächst sehr heterogen im Hinblick auf Fundierung, Konkretheitsgrad und Grad der Etablierung, erinnert sich das langjährige Mitglied des Trägerkonsortiums. „Kohärenz zu erreichen, war eine Herausforderung“.
2013 war das Jahr der regionalen Eröffnungsveranstaltungen und der großen Auftaktveranstaltung in Berlin. „Es herrschte so etwas wie Aufbruchstimmmung, denn endlich passierte etwas im Bereich Sprach- und Leseförderung“, erinnert sich Petra Stanat. Andererseits war aber auch eine gewisse Skepsis zu spüren, denn die Erwartungshaltung der verschiedenen Akteurinnen und Akteuren war sehr unterschiedlich. „Das Zusammenspiel zwischen Wissenschaft und Praxis war noch nicht da, das musste erst entwickelt werden“, so die Bildungsforscherin. Inhaltlich konzentrierte sich diese erste Phase auf die Konzeptentwicklung. Fragen wie „Was ist bei der Umsetzung eines Leseförderkonzepts eigentlich alles zu beachten?“ oder „Welche diagnostischen Instrumente der Förderung könnten einbezogen werden?“ standen im Mittelpunkt. Auf dieser Basis entstand die BiSS-Struktur, etwa mit der Planung des Mulitplikationskonzepts.
2015 lag ein Fokus auf dem wichtigen Thema Lesen. Die Forschungs- und Entwicklungsvorhaben gingen an den Start. Im Jahr 2015 richtete das Trägerkonsortium zudem ein Hospitationsnetzwerk ein, veröffentlichte erste Publikationen und führte die BiSS-Plaketten ein, die an Schulen und Kitas verliehen wurden. Hinzu kam das Monitoring der BiSS-Verbünde, das in diesem Jahr erstmalig stattfand. Ebenso war 2015 der Startpunkt für der Blended-Learning-Fortbildungen. „Die Entwicklung dieses Angebots hat maßgeblich zum Erfolg des BiSS-Programms beigetragen. Sehr sehr aufwändig, aber auch sehr ertragreich“, resümiert Petra Stanat.
Im Jahr 2016 beschäftigte sich das BiSS-Programm verstärkt mit dem Thema Migration und Heterogenität. Damals gründete Trägerkonsortiumsmitglied Hans-Joachim Roth eine Fachgruppe zum Thema „Sprachliche Bildung neu zugewanderter Kinder und Jugendlicher“.
2017 lag ein besonderer Fokus – auch in den vielen Veranstaltungen der Initiative – auf dem Übergang von der Kita in die Grundschule. Der erste Band der sechsbändigen BiSS-Herausgeberreihe sowie weitere BiSS-Publikationen erschienen. Der Qualitätscheck verschiedener Förder-Tools wurde in der Tool-Datenbank veröffentlicht.
Bis zum Jahr 2018 wuchs BiSS auf mehr als 100 Verbünde an, von denen die meisten wissenschaftlich begleitet wurden. Ein bundesweites Netzwerk war entstanden, das aktiv zusammenarbeitete. Ein Projektatlas fasste erste Evaluationsergebnisse prägnant zusammen.
„Trotz des sehr herausfordernden Beginns war BiSS eine echte Erfolgsgeschichte, die maßgeblich dazu beigetragen hat, dass wir ein gemeinsames Verständnis von guter Sprach- und Leseförderung haben“, resümiert Petra Stanat. Folgerichtig sei das Programm fortgeführt worden, um erfolgreiche Maßnahmen in die Breite zu tragen.
BiSS-Transfer startete im Frühjahr 2020, ohne den Elementarbereich. Die Gestaltung der Übergänge war aber weiterhin ein zentrales Thema der Initiative und das Trägerkonsortium hielt die Tür für den Kita-Bereich immer offen. Inhaltlich rückten in BiSS-Transfer das Thema Schreibförderung sowie die VERA-Vergleichsarbeiten stärker in den Fokus. Das BiSS-Forschungsnetzwerk, bestehend aus Kolleginnen und Kollegen mehrerer Universitäten und Einrichtungen, nahm seine Arbeit auf.
Aufgrund der Größe des Netzwerks in BiSS-Transfer und der Pandemiebedingungen lag der Schwerpunkt 2021 auf dem Thema „Sprachliche Bildung digital.“ Das Team rief das BiSS-Transfer-Café ins Leben. 2022 prägte „Sprache im Fach“ die BiSS-Jahrestagung und die Publikationen. Die BiSS-Tool-Datenbank wurde nun für eine breite Öffentlichkeit zugänglich.
Bis 2023 war das BL-Angebot der Initiative auf mehr als 160 Lerneinheiten angewachsen. Daher wurde eine Suchfunktion eingerichtet. Ein neues digitales Austauschformat entstand: die Community-Workshops von BiSS-Transfer. Das BL-Team entwickelte eine Ausbildungsreihe für Tutorinnen und Tutoren der Länder.
„Das Jahr 2024 steht nun im Zeichen der Bilanzierung und Überführung hoffentlich auch in die Zukunft, damit das alles nutzbar bleibt“, so Petra Stanat. „Wir haben gemeinsam sprachliche Bildung in Deutschland vorangebracht, aber wir müssen dranbleiben“, betont sie.
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Prof. Dr. Hans-Joachim Roth, Direktor des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache und Mitglied des Trägerkonsortiums BiSS-Transfer
Eine zentrale Frage zu Anfang der Initiative lautete, so Hans-Joachim Roth: Wie gelingt es, die zahlreichen, weitgehend autonom agierenden institutionellen Akteure zu einem kohärenten Handeln zu bewegen?
Wichtig für den Erfolg von BiSS sei es zunächst gewesen, Kohärenz in der Diversität herzustellen. Die lange Laufzeit und ein auskömmliches Budget waren dabei hilfreich. Zudem stütze sich die Initiative BiSS-Transfer auf ein dialogisches Transferkonzept. Implementation bedeutet hiernach, Systeme weiter zu entwickeln. Vernetzung und Kooperation seien entscheidend. Zudem spiele eine breite Verankerung im Diskurs – sowohl politisch als auch fachlich – eine zentrale Rolle. Ebenfalls wichtig ist es – so Hans-Joachim Roth – Identität und Zugehörigkeit zu ermöglichen. Das sei in BiSS gelungen. „BiSS ist als Initiative gestartet und zur Community geworden“, resümiert er. „Die Marke BiSS ist entstanden.“
Gerade zu Anfang eines Projekts sei es ebenso entscheidend, Strukturen zu bilden. Besonders wichtig dabei sei es, eine Integration in Bestehendes zu berücksichtigen. „Ein Projekt muss von sich heraus überzeugen, aber es muss auch andocken, an das, was bereits da ist. Es muss sich einpassen in Strukturen.“, sagt der Direktor des Mercator-Instituts. Bei BiSS sei dies von Anfang an mitgedacht worden. Zum Beispiel wurden Länderinstitute sowie ländereigene Strukturen bei der Strukturbildung stark mit einbezogen.
Ein weiteres wichtiges Erfolgsmerkmal der Arbeit in BiSS und BiSS-Transfer war Kooperation und Partizipation, so Hans-Joachim Roth weiter. Dazu gehöre der länderübergreifende Austausch und die kokonstruktive Zusammenarbeit von Wissenschaft, Administration und Praxis. Das Trägerkonsortium schuf viele Räume für die Netzwerkbildung – etwa in Form von Fachgruppen und fachlichen Austauschforen wie dem BiSS-Transfer-Café. Beratungen auf Verbund- und Länderebene seien wichtig, für den Erfahrungsaustausch und um gemeinsame Interessen zu bündeln – wie beispielsweise in der Zukunftswerkstatt in Halle geschehen.
Hinzu komme die Notwendigkeit, eine gemeinsame Sprache zu entwickeln. Ebenso spiele eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit eine wichtige Rolle. In BiSS sind beispielsweise mehr als 40 Publikationen – zugeschnitten auf unterschiedliche Bedarfe – und viele hilfreiche Begleitmaterialien für das Blended-Learning entstanden.
Zudem stellte BiSS eine neue fachliche Infrastruktur zur Verfügung. Hierzu gehört die Tool-Datenbank, die als Orientierungshilfe für Diagnostik- und Förder-Tools dient, und das breite Blended-Learning-Fortbildungsangebot. „Wir hatten damals ein Dickicht verschiedenster Diagnoseverfahren“, sagt Hans-Joachim Roth. In der Tool-Datenbank wurden diese verständlich beschrieben und mit einem Qualitätscheck versehen. 122 Tool-Beschreibungen umfasst das Online-Angebot heute. Das Fortbildungsangebot in Form der Blended-Learning-Einheiten nutzten bislang mehr als 30.000 Personen. Mehr als 200 Lerneinheiten und zehn Kurse stehen hier bereit. Das Angebot wird weiterhin regelmäßig um neue Inhalte ergänzt.
Als weiteren wichtigen Erfolgsfaktor von BiSS nennt Hans-Joachim Roth die Offenheit gegenüber neuen Entwicklungen. Das BiSS-Team habe stets gesellschaftliche Herausforderungen aufgegriffen, Fachgruppen zu aktuellen Themen gebildet und viele Kooperationen mit anderen Programmen und Entwicklungsprojekten im Bildungswesen entwickelt.
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Prof. Dr. Michael Becker-Mrotzek, Sprecher des Trägerkonsortiums BiSS-Transfer und Mitglied des Forschungsnetzwerks
Den ersten Teil der Ergebnisse aus dem BiSS-Transfer-Forschungsnetzwerk stellte Prof. Michael Becker-Mrotzek vor und ging dabei zunächst auf Zielsetzung und Architektur des Netzwerks ein. Das Forschungsnetzwerk, bestehend aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mehrerer Universitäten und Einrichtungen, war entstanden, um begleitend zum Programm zu untersuchen, wie wirksame Konzepte der Sprachbildung und Sprachförderung erfolgreich in die schulische Praxis gelangen können.
Als Beispiel griff er das Projekt zur datengestützten Unterrichtsentwicklung VERA-BiSS heraus. Im Rahmen dieses Projekts entwickelte das Wissenschaftsteam eine Fortbildung zur systematischen Nutzung der Vera-8-Ergebnisse für die Leseförderung und evaluierte diese. Die ersten Ergebnisse veranschaulichen die Wirksamkeit der Fortbildung. Sie zeigen, dass die teilnehmenden Lehrkräfte ihr fachbezogenes Wissen und ihre Selbstwirksamkeit in Bezug auf Diagnose und Förderung der Lesekompetenz besser einschätzten als diejenigen der Wartekontrollgruppe.
Auch das Projekt Schreib-BiSS lieferte wichtige Erkenntnisse. Schreiben setze sich aus den beiden Teilkompetenzen Schreibflüssigkeit und Schreibstrategien zusammen. Diese unterscheiden sich – so Michael Becker-Mrotzek – erheblich hinsichtlich ihrer Komplexität und ihres Erwerbs und verlangen unterschiedliche Lehr-Lernprozesse. Die Vermittlung von Schreibstrategien erfordere auf Seiten der Lehrkräfte umfangreicheres fachliches und fachdidaktisches Wissen und aufwändigere Vermittlungsprozesse. Dementsprechend habe das Schreibstrategietraining bisher weniger Akzeptanz und Wirksamkeit gezeigt als das Schreibflüssigkeitstraining und bedürfe weiterer iterativer Schritte zur Optimierung.
Im positiven Fazit, das Michael Becker-Mrotzek aus den rund zwölf Jahren BiSS und BiSS-Transfer zog, hob er mehrere Erfolgsfaktoren hervor. Dazu gehören die intensive Qualifizierung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, die Bereitstellung von Ressourcen auf unterschiedlichen Ebenen sowie die Förderung von Kooperationen. Ein weiterer wichtiger Punkt sei die aktive Einbindung der Schulleitungen als wichtigen Teil der strukturellen Unterstützung.
Die enge transdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb des Forschungsnetzwerks sei ebenfalls entscheidend gewesen. Denn hierdurch konnten übergreifende und belastbare Erkenntnisse zu den Gelingensbedingungen und Hürden in Transferprozessen gewonnen werden. Die Auswertung der Ergebnisse aus dem Forschungsnetzwerk dauere noch an. Ein Erfolg der Initiative zeige sich aber schon jetzt darin, dass BiSS sich zu einer Marke entwickelt habe, die Türen für die Sprachbildung öffnet.
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Prof. Dr. Elmar Souvignier, Universität Münster, Forschungsnetzwerk BiSS-Transfer
Woher wissen wir eigentlich, dass der Transfer gelingt? Auf diese Frage gab Elmar Souvignier in seinem Vortrag eine Antwort. Der Begriff Transfer beinhaltet für ihn einen angeleiteten Prozess, der mit Veränderungen der Lehrkräfte und auch der Schülerinnen und Schüler einhergeht. Ziel ist es, eine kontinuierliche Veränderung in der Unterrichtspraxis über die Zeit zu bewirken. Dies sollte in BiSS und BiSS-Transfer über Blended-Learning-Konzepte und Unterrichtsmaterialien gelingen, die gemeinsam ausgestaltet werden, sowie eine begleitende Evaluationsforschung.
„Der Anfang evidenzbasierter Konzepte ist die Theorie“, so Elmar Souvignier. Ein Beispiel zeige dies: Um Leseprozesse zu fördern, brauche es erst einmal ein Verständnis der verschiedenen Etappen von Leseentwicklungsprozessen: angefangen bei dem phonologischen Bewusstsein, über die Genauigkeit bis hin zu Geschwindigkeit und Verständnis. Es brauche die richtige Systematik entlang dieser Etappen. Denn in jeder Etappe seien andere Methoden notwendig bzw. wirksam. Mit Leben gefüllt heißt das bezogen auf das Förderkonzept Lese-Sportler beispielsweise: Es gibt unterschiedliche Materialien differenziert nach den verschiedenen Förderzielen Genauigkeit, Geschwindigkeit, Verständnis und dazu unterschiedliche Schwierigkeitsstufen. Auch die Fortbildungen berücksichtigen diese Förderziele.
Ein weiteres wichtiges Kriterium, um sicherzustellen, dass der Transfer gelingt, sei die wissenschaftliche Begleitung des gesamten Prozesses von der Fortbildung bis zur Leistungsveränderung bei den Schülerinnen und Schülern. Das Projekt Lese-BiSS nahm daher über eine Laufzeit von zwei Jahren folgende Forschungsfragen in den Blick:
„Transfer gelingt, wenn theoretische Prinzipien in praxistaugliche Materialien übersetzt werden können.“
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Ministerialrat Dr. Hans-Josef Linkens, Bundesministerium für Bildung und Forschung
Rainer Köker, Hamburger Behörde für Schule und Berufsbildung und Vorsitzender des BiSS-Transfer-Lenkungsausschusses
Prof.in Dr. Susanne Prediger, Technische Universität Dortmund und Mitglied des Forschungsnetzwerks BiSS-Transfer
Prof. Dr. Michael Becker-Mrotzek, Trägerkonsortium BiSS-Transfer, Köln
„Was ist die größte Wirkung von BiSS, die bleiben wird?“ – Diese Eröffnungsfrage richtet Jan-Martin Wiarda an Hans-Josef Linkens. Seine Antwort: „BiSS und BiSS-Transfer haben Standards gesetzt mit Blick auf die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis.“ Aber auch hinsichtlich der Vernetzung der verschiedenen Ebenen und Akteure des Bildungssystems, sagt der Ministerialrat. Diese Zusammenarbeit sei ein entscheidender Erfolgsfaktor, von dem andere Initiativen gelernt haben und dabei sind zu lernen. Insofern sei dies stilprägend und ein Signal in die Landschaft gewesen, so Hans-Josef Linkens weiter.
Hieran schließt Rainer Köker an. „Ich glaube eine der großen Stärken und Antwort auf die Frage, was bleibt, ist die Netzwerkbildung, insbesondere auch unter den Bundesländern.“ Der gemeinsame Austausch, die wechselseitige Stärkung und Unterstützung seien etwas, was BiSS ausmacht. Man dürfe sich allerdings nicht der Illusion hingeben und glauben, dass diese Verbindung nicht wieder verschwinden könnte. Insofern werde es eine wichtige Aufgabe sein, diese Zusammenarbeit in den Ländern weiterzutragen und weiterzuentwickeln. Ein weiteres Gut der Initiative sieht er in der Strukturbildung: „In den Ländern sind unglaublich starke Strukturen entstanden, die Sprachbildung adressieren, die Sprachbildung in den Mittelpunkt stellen.“
Durch BiSS und BiSS-Transfer sei es zudem gelungen, das Thema Evidenzbasierung zu adressieren, betont Hans-Josef Linkens. Dies sei inzwischen als politisches Thema gesetzt. „Wir müssen diese wissenschaftliche Basierung mit gleichzeitiger Praxistauglichkeit auf allen Ebenen kombinieren. Das ist richtig Arbeit“, betont Susanne Prediger in diesem Zusammenhang. Denn Materialien und Fortbildungen so zu organisieren, dass sie auch mit Blick auf die vorhandene Zeit der Lehrkräfte und die Gegebenheiten im Unterricht praxistauglich sind, bedeute viel Arbeit auf allen Ebenen. „Forschungsbasierung heißt nicht nur, das WAS transferiert wird, ist erforscht. Sondern wir optimieren auch die Transferprozesse immer weiter, um diese wirksam und effizient zu machen und das Kapazitätsproblem zu lösen“, fügt Susanne Prediger hinzu. Auch um noch mehr Quantität, sprich noch mehr Schulen zu erreichen, sei dies wichtig.
Michael Becker-Mrotzek weist als Erfolgsmodell auf das Beispiel Baden-Württemberg hin. Hier sei schrittweise ein fast flächendeckender Transfer in die Breite gelungen. Rund 90 Prozent aller Grundschulen in Baden-Württemberg sind heute an BiSS beteiligt. Wichtig sei dabei, sich zu fokussieren. Ein Land könne nicht alles gleichzeitig machen. Konzepte brauchten erst einmal eine Zeit bis sie sich in der Praxis festigen. Erst dann könne man das nächste Schwerpunktthema anstoßen. Rainer Köker und Susanne Prediger sehen auch Potentiale in integrativen Ansätzen. Sprich: Fachdidaktisches und Überfachliches zu kombinieren und somit mehrere wichtige Ziele gleichzeitig zu erreichen.
Diskutiert wurde auch die Frage der Zielsetzungen. Übergeordnetes Ziel des Startchancen-Programms ist es, die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die die Mindeststandards in Deutsch und Mathematik verfehlen, an den Startchancen-Schulen zu halbieren. Sich ein solches ambitioniertes politisches Ziel zu setzen, halten Hans-Josef Linkens und Michael Becker-Mrotzek für sinnvoll. Es sei wichtig, Mindeststandards zu definieren und an konkreten Zahlen festzumachen, plädiert Michael Becker-Mrotzek. Denn wenn Kinder und Jugendliche nicht richtig lesen und schreiben können, werde auch alles andere – beispielsweise eine Ausbildung zu absolvieren – schwieriger. Die gesetzten Ziele seien schon sehr ambitioniert, betont Susanne Prediger. Dennoch sei die Richtung die richtige: „Wenn wir es am Ende geschafft haben, dass sich mehr Lehrkräfte darüber klar sind, was das Wichtigste ist, ohne dass das Weiterlernen nicht funktioniert, kommen wir den gesetzten Zahlen bereits wesentlich näher.“
„BiSS und BiSS-Transfer haben Standards gesetzt mit Blick auf die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis.“
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Prof. Dr. Jörg Jost, Universität zu Köln, Forschungsnetzwerk BiSS-Transfer
Dr.in Annette Graf, Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung Baden-Württemberg und BiSS-Landeskoordinatorin
Annette Graf nennt die Stichworte Mut, Risikobereitschaft und Vertrauen als kennzeichnend für die Arbeit der Landeskoordinationen in BiSS und BiSS-Transfer. „Wir haben eine Erfolgsgeschichte geschrieben, weil wir mutig waren, weil wir Vertrauen hatten in all die beteiligten Personen. Und wir wollen weiterhin mutig sein, wir wollen weiterhin risikobereit sein und weiterhin Vertrauen haben.“ Dies könne allerdings nur mit ähnlichen Strukturen wie in BiSS gelingen, erläutert die Landeskoordinatorin aus Baden-Württemberg.
Die länderübergreifende Vernetzung müsse weitergeführt werden. Und dazu brauche man die Vernetzungsformate. Hierfür sei eine übergreifende Koordinierungsstelle nötig. Sie gebe den Rahmen und die Sicherheit, auf der Grundlage wissenschaftlich aktueller Erkenntnisse zu agieren. „Kein Land schafft es alleine, wissenschaftlich up-to-date zu sein. Wir brauchen das organisiert. Wir vertrauen darauf, dass diese Erfolgsgeschichte von BiSS in Sachen Mut, Risikobereitschaft und Vertrauen in irgendeiner Form in Startchancen aufgeht.“
Moderator Jan-Martin Wiarda reicht diese Frage an Jörg Jost weiter, der die Leitung des Fachlichen Kompetenzzentrums Sprachbildung in der wissenschaftlichen Begleitung des Startchancen-Programms innehat: „In der wissenschaftlichen Begleitung im Startchancen-Programm denken wir die Weiterführung und Weiterentwicklung der BiSS-Blended-Learning-Einheiten und Materialien und Konzepte entsprechend weiter“, betont er. Neben den Startchancen-Schulen seien zudem natürlich noch viele weitere Schulen in BiSS-Transfer beteiligt. Auch für diese sei es wichtig, dass die Angebote weiterhin vorgehalten und aktualisiert werden, so Jörg Jost weiter. Mit Startchancen würden etwa zehn Prozent der Schulen adressiert. Aber es sollen auf Basis der Forschung auch systemische Veränderungen erzielt werden, von der schließlich alle Schulen profitieren könnten. Auch die Erweiterung des Angebots auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen – wie in BiSS mit dem Thema Mehrsprachigkeit geschehen – brauche es weiterhin.
„Kein Land schafft es alleine, wissenschaftlich up-to-date zu sein. Wir brauchen das organisiert. Wir vertrauen darauf, dass diese Erfolgsgeschichte von BiSS in Sachen Mut, Risikobereitschaft und Vertrauen in irgendeiner Form in Startchancen aufgeht.“
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Am Ende bedankten sich die BiSS-Landeskoordinatorinnen und -koordinatoren bei dem gesamten BiSS-Team. In einer Reise durch Deutschland überreichten sie Spezialitäten aus ihren Ländern – gespickt mit kleinen Dankesgrüßen, in dem sie ihre persönlichen länderspezifischen Highlights der Zusammenarbeit in BiSS-Transfer formulierten. Das leibliche Wohl des Trägerkonsortiums für das ausgehende Jahr war gesichert. Einige beispielhafte Zitate für Sie im Überblick:
Diemut Severin, Landeskoordinatorin BiSS-Transfer Berlin: „BiSS heißt für uns die Qualifizierung im Bereich der sprachlichen Bildung evidenzbasiert weiterzuentwickeln. Wir haben uns sehr stark an BiSS orientiert und ich glaube, deswegen ist das ZES gemeinsam mit BiSS gewachsen und ebenfalls eine Erfolgsgeschichte geworden.“
Christina Neugebauer und Nina Ruisinger, Landeskoordinatorinnen BiSS-Transfer Bayern: „Dankbar sind wir für die vielen bereichernden persönlichen Begegnungen, den fachlichen Input durch Vorträge und vor allem durch die Blended-Learning Module, den Austausch und den tollen Beitrag, den BiSS zur Sprachbildung unserer Schülerinnen und Schüler in Bayern geleistet hat.“
Uta Biermann, Landeskoordinatorin BiSS-Transfer NRW, und Sabine Stahl, Leitung der Landesstelle Schulische Integration: „Was aus BiSS unbedingt für die Zukunft erhalten bleiben soll, sind die Fachimpulse aus den Fachgruppen und die BiSS-Blended-Learning-Angebote. Für uns ist außerdem die zentrale Steuerung, Vernetzung und Koordinierung aller verantwortlichen BiSS-Akteurinnen und Akteure in den Ländern wichtig. Denn diese Vernetzung, diese etablierten Strukturen sind Impulse für unsere Arbeit.“
Katrin Nowaczyk, Landeskoordinatorin BiSS-Transfer Thüringen: „Unsere wertvollste BiSS-Erfahrung war die langjährige intensive und gewinnbringende Zusammenarbeit mit den Vertretern des Mercator-Instituts, zum Beispiel in den Fachgruppen.“
Alle Videomitschnitte der BiSS-Transfer-Abschlusstagung können Sie hier ansehen!
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Und auch in diesem Jahr gab es wieder eine Posterschau, die den Teilnehmenden die Arbeit aus Verbünden und Forschungsnetzwerk ein Stück weit näherbrachte. Viele Verbünde und Forschungsprojekte präsentierten so ihre Konzepte, Maßnahmen und Erfahrungen und regten zum Austausch an. Alle Poster stehen in einer Bildergalerie sowie als PDF-Download zur Verfügung.
Berlin: Blended-Learning-Seminare in der Lehrkräftefortbildung am Zentrum für Sprachbildung (ZeS)
Brandenburg: BiSS-Transfer im Land Brandenburg
Hamburg: Förderung der frühen literalen Fähigkeiten in Hamburger Vorschulklassen (FrüLi)
Hamburg: Systematische Leseförderung in der Grundschule. Das Hamburger BiSS-Lesetraining
Hessen: BiSS-Transfer in Hessen: Ergebnisse sichtbar machen
Nordrhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen: BiSS-Akademie
Rheinland-Pfalz: Mit Kindern im Gespräch (MiKiG)
Rheinland-Pfalz: BiSS-Transfer Lesen Sek I in Rheinland-Pfalz
Rheinland-Pfalz: LESE-Förderung mit BiSS-Transfer Lesen Sek I in Rheinland-Pfalz an der IGS Mainz-Bretzenheim
Sachsen-Anhalt: Von Grundschule bis zur Berufsbildung – der schulformübergreifende BiSS-Transfer-Verbund Sachsen-Anhalt (Teil 1)
Sachsen-Anhalt: Von Grundschule bis zur Berufsbildung – der schulformübergreifende BiSS-Transfer-Verbund Sachsen-Anhalt (Teil 1 Fortsetzung)
Sachsen-Anhalt: Von Grundschule bis zur Berufsbildung – der schulformübergreifende BiSS-Transfer-Verbund Sachsen-Anhalt (Teil 2)
Thüringen: BiSS-Transfer in Thüringen: Sprachbildung heute – Chancen für morgen
Trägerkonsortium BiSS-Transfer: BiSS-Transfer
Trägerkonsortium BiSS-Transfer: Multiplikation im Transfer (Multi-BiSS)
Trägerkonsortium BiSS-Transfer: Systematische Schreibförderung in der Grundschule (Schreib-BiSS)
Trägerkonsortium BiSS-Transfer: Systematische Leseförderung in der Grundschule (Lese-BiSS)
Trägerkonsortium BiSS-Transfer: Sprachbildenden Fachunterricht in der Praxis effektiv etablieren (Fach-BiSS)
Trägerkonsortium BiSS-Transfer: Nutzung von VERA-8 als Instrument zur Lehrkräftequalifizierung und Unterrichtsentwicklung im Lesen (VERA-BiSS)