Kurzbeschreibung
Preis: 13,00 Euro (Details)
HAVAS 5 ist ein Verfahren zur Erfassung des Sprachstandes im Elementarbereich. Es kann bei Kindern im Alter von 5 bis 6 Jahren im Jahr vor Schuleintritt und bei der Einschulung eingesetzt werden. Zielgruppe sind insbesondere ein- oder mehrsprachig aufwachsende Kinder, bei denen ein Sprachförderbedarf vermutet wird. Die Ergebnisse können als Grundlage für anschließende Fördermaßnahmen verwendet werden.
Qualitätscheck als Diagnostik-Tool:
(Für Erläuterungen mit der Maus auf die Zahlen und Punkte zeigen.)
Bildungsetappe | Zielbereich | Altersgruppe | Durchführbarkeit | Theoretische Fundierung | Erfüllung der Gütekriterien |
---|---|---|---|---|---|
Elementar | 2,3,4 | 5 bis 6* |
sehr empfehlenswert* | empfehlenswert* | weniger empfehlenswert*
*aus wissenschaftlicher Sicht
Letzte inhaltliche Bearbeitung/Prüfung am: 28.05.2024
HAVAS 5 ist ein diagnostisches Tool zur Erfassung des Sprachstandes ein- oder mehrsprachig aufwachsender Kinder im Jahr vor der Einschulung und bei der Einschulung. Es kann im Modul E3 „Intensive Förderung im Bereich sprachlicher Strukturen“ und Modul E5 „Intensive Sprachförderung durch dialogisches Lesen in der Kleingruppe“ eingesetzt werden. Die Ergebnisse des Verfahrens bilden eine Grundlage für weiterführende Fördermaßnahmen.
Das Verfahren kann im Elementarbereich für die Diagnostik des Sprachstandes eines Kindes und als Grundlage für anschließende Fördermaßnahmen verwendet werden. Zielgruppe sind Kinder im Alter von 5 bis 6 Jahren. Anwendungszeitraum ist das Jahr vor der Einschulung, wobei die erste Erhebung und Auswertung im Dezember abgeschlossen sein sollte. Spätere Wiederholungen, sowie ein Einsatz zur Einschulung sind ebenfalls möglich. HAVAS 5 berücksichtigt explizit eine vorhandene Mehrsprachigkeit des Kindes. Folgende nicht-deutsche Muttersprachen können neben der deutschen Sprache zur Diagnostik der sprachlichen Kompetenz herangezogen werden: Türkisch, Polnisch, Russisch, Portugiesisch, Spanisch, Italienisch. Mit Hilfe des Verfahrens können Aussagen über den Sprachstand eines Kindes in seiner Muttersprache und im Deutschen getroffen werden, allerdings ohne Angabe von Normwerte. Es wird keine Grenze festgelegt, ab der ein Kind sprachförderbedürftig ist. Das Verfahren zeigt vielmehr auf, welche Kompetenzen vorhanden sind, und gibt Hinweise auf Bereiche, in denen ein Kind gefördert werden kann.
HAVAS 5 ist ein profilanalytisches Verfahren, bei dem das mündliche Erzählen der Bildergeschichte „Katze und Vogel“ auf einem Tonträger festgehalten wird. Es handelt sich um ein Individualverfahren, d.h. HAVAS 5 wird in einer Einzelsituation zwischen Kind und Untersucherin oder Untersucher durchgeführt. Die Bildfolge besteht aus sechs Bildern, die die Jagd einer Katze auf einen singenden Vogel darstellen, der zuerst auf einen Baum fliegt, anschließend entkommt und triumphiert. Auf Grundlage der Erzählung des Kindes wird im Anschluss dessen Sprachfähigkeit anhand verschiedener Indikatoren eingeschätzt. Die Aufnahmesituation sollte so gestaltet sein, dass das Kind möglichst natürlich und spontan spricht. Die Erhebung findet daher in einer für das Kind vertrauten Umgebung statt und möglichst mit einer ihm bekannten Interviewperson.
Die Auswertung ist komplex, erfordert spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten und setzt eine dreitägige Fortbildung voraus. Im Fokus stehen die sprachlichen Kompetenzen des Kindes und nicht die Defizite. Die Geschichte wird anhand folgender Indikatoren ausgewertet: (1) Erzählfähigkeit, (2) Bewältigung der Gesprächssituation, (3) verbaler Wortschatz, (4) einfache und (5) komplexe Syntax. Im Folgenden werden die Indikatoren näher beschrieben.
(1) Die Erzählfähigkeit gibt allgemein Hinweise darauf, wie sicher ein Kind in der jeweiligen Sprache ist. Hier wird erfasst, ob das Kind die Aufgabe bewältigen und den Inhalt der Bilderfolge wiedergeben kann. Kann es die Akteure auf dem Bild und deren Tätigkeiten benennen? Vollständigkeit und Ausführlichkeit der sprachlichen Darstellung werden mit Punkten bewertet. Bei einem niedrigen Wert ist eine Förderung angeraten.
(2) Für die Beurteilung der Bewältigung der Gesprächssituation werden Punkte für die Initiative während des Gesprächs, Kontinuität, Flüssigkeit des Sprechens und Deutlichkeit der Sprache vergeben. Zudem wird erhoben, ob das Kind die eigene Sprache (Fehler) verbessern kann (Indiz für Sprachaufmerksamkeit), welche Strategien es bei fehlenden Ausdrücken anwendet und ob es bei vorhandener Mehrsprachigkeit eine weitere Sprache einsetzt. Dieser Indikator kann Hinweise auf Fördermaßnahmen geben. So sollte beispielsweise ein Kind, das wenig Initiative während des Gesprächs zeigt, eher in einer es nicht beängstigenden Umgebung Förderung erhalten (Zweiersituation oder in kleineren Gruppen).
(3) Bei dem Indikator verbaler Wortschatz werden die vom Kind verwendeten Verben betrachtet. Man erfasst quantitativ, wie viele verschiedene Verben das Kind benutzt. Als Auswertungshilfe gibt es für jede Sprache eine Liste häufig vorkommender Verben, die abgehakt werden können. Weitere Verben werden zusätzlich notiert. Diese Aufgabe gibt Hinweise auf den Stand der Wortschatzentwicklung.
(4) Die einfache und (5) komplexe Syntax sind ein Indikator des grammatischen Kompetenzbereiches. Dieser ist hierarchisch aufgebaut. Bei der Auswertung kann man bei Erreichen einer hohen Stufe das Beherrschen der unteren Stufen als gegeben annehmen. Es wird also die höchste erreichte Stufe für die Auswertung herangezogen. Die einfache Syntax wird über die Verbstellung und Übergangserscheinungen erfasst. Eine Übergangserscheinung ist beispielsweise „Fensters“ als Plural von „Fenster“. Es bedeutet, dass das Kind eine grammatische Regel bereits erkannt hat, aber noch zu häufig anwendet. Anhand der Verwendung von Übergangserscheinungen kann abgeleitet werden, an welcher Regel das Kind gerade arbeitet. Für die deutsche Sprache ist die Verbstellung im Satz ein besonders aussagekräftiger Indikator für Aussagen über den sprachlichen Entwicklungsstand. Die Stellung des Verbes im einfachen Hauptsatz, Wortstellung im Fragesatz oder Stellung des finiten Verbes geben Hinweise auf die Erwerbsstufe. Als Indikator für die komplexe Syntax gilt, welche Satzverbindungen (Konjunktionen) verwendet werden. Verwendet das Kind beispielsweise gleichordnende Satzverbindungen (z.B. Verwendung von „und“) oder schon unterordnende Nebensätze (z.B. Verwendung von „weil“ oder „während“)?
Im grammatischen Bereich kommt der Mehrsprachigkeit eine besondere Rolle zu, da es zwischen den Sprachen strukturelle Unterschiede gibt. Daher wird die Syntax in anderen Sprachen teilweise über andere Indikatoren erfasst. Direkte Vergleiche zwischen den Sprachen sind in diesem Kompetenzbereich weitgehend ausgeschlossen (vgl. Reich & Roth, 2007).
Bei mehrsprachigen Kindern führt eine fortgebildete Interviewperson, welche die Muttersprache des Kindes beherrscht, das Verfahren durch und wertet es aus. Es werden für beide Sprachen Werte vergeben. Sind die Werte in beiden Sprachen niedrig, deutet dies auf die Notwendigkeit einer allgemeinen kognitiven sprachlichen Förderung hin. Ist nur der Wert in der Zweitsprache niedrig, sollte insbesondere der Erwerb dieser gefördert werden.
Schulung: Für Anwendung und Auswertung ist eine dreitägige Schulung im Vorfeld notwendig.
Material: Für die Durchführung werden ein Aufnahmegerät und der Auswertungsbogen benötigt.
Zugänglichkeit: Weitere Informationen im Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (s. Links)
Format und Sozialform: Einzeltestung
Durchführungsdauer: Die Durchführung dauert etwa 15 Minuten, die anschließende Auswertung mindestens 30 Minuten.
Preis: Auswertungsbogen und Bildvorlage kosten 13 Euro zzgl. Porto; die Schulung im Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung ist kostenlos (bei Schulungen außerhalb fallen Honorar- und Fahrtkosten an).
a) theoretische Fundierung
Die Entwicklung des Instruments wurde 2002 von der Hamburger Behörde für Bildung und Sport in Auftrag gegeben (Reich & Roth, 2007). Eine eindeutige Ableitung aus einer fokussierten Spracherwerbstheorie ist nicht gegeben. Die Autoren benennen verschiedene Ansätze, die bei der Entwicklung des Instrumentes eine Rolle spielten (z.B. Behrens, 1999; Rothweiler, 1993). Zudem beziehen sie sich in ihren Erläuterungen auf Phänomene der kindlichen Sprachentwicklung (Reich & Roth, 2007) und betten das Verfahren somit theoretisch ein.
Die Auswahl und Anzahl der im HAVAS 5 erfassten sprachlichen Basisqualifikationen kann nach Neugebauer und Becker-Mrotzek (2013) als sehr gut bezeichnet werden.
b) empirische Fundierung
Eine erste Erprobung des Instruments HAVAS 5 fand im Jahr 2002 mit 658 Kindern statt. Nach Überarbeitung wurde es im Jahr 2003 bei 2985 Vorschulkindern eingesetzt, aus denen eine repräsentative Stichprobe gebildet wurde, um die Gütekriterien des Instruments zu bestimmen (Reich & Roth, 2007). Laut Roth (2014) können die Werte der internen Konsistenz bei den Skalen Erzählfähigkeit und Bewältigung der Gesprächssituation als sehr gut bis gut bezeichnet werden, bei der einfachen Syntax niedrig und bei der komplexen Syntax als akzeptabel. Für die Prüfung der Validität wurden Einschätzungen der Erzieherinnen und Lehrkräfte erhoben und mit den Testwerten der Kinder im Havas 5 verglichen. Die Validität der Skalen Erzählfähigkeit und Bewältigung der Gesprächssituation kann als gut bewertet werden, für die weiteren Skalen werden keine Werte berichtet (ebd.).
Alter: 5; 6
Klassenstufe: Kita
Informationen zum Instrument und der Schulung sind im Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung erhältlich:
https://li.hamburg.de/fortbildung/themen-aufgabengebiete/vorschulische-bildung/havas5-658488 [10.11.2020]
Kurzer Überblick über das Instrument auf der Webseite der Universität Hamburg:
https://www.foermig.uni-hamburg.de/publikationen/diagnoseinstrumente/havas-5.html [10.11.2020]
Behrens, H. (1999). Was macht Verben zu einer besonderen Kategorie im Spracherwerb? In J. Meibauer & M. Rothweiler (Hrsg.), Das Lexikon im Spracherwerb (S. 32-50). Stuttgart: UTB.
Reich, H. H. & Roth, H.-J. (2004). Hamburger Verfahren zur Analyse des Sprachstands Fünfjähriger - HAVAS 5. Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg.
Reich, H. H. & Roth, H.-J. (2007). HAVAS 5 - das Hamburger Verfahren zur Analyse des Sprachstands bei Fünfjährigen. In H. H. Reich, H.-J. Roth & U. Neumann (Hrsg.), Sprachdiagnostik im Lernprozess. Verfahren zur Analyse von Sprachständen im Kontext von Zweisprachigkeit (S. 71-94). Münster: Waxmann.
Roth, H.-J. (2014). HAVAS 5- Diagnostik von Sprachkompetenzen im Vor- und Grundschulalter bei Kindern mit und ohne Migrationshintergrund. In S. Rühle, A. Müller, P. Dylan & T. Knobloch (Hrsg.), Mehrsprachigkeit - Diversität - Internationalität: Erziehungswissenschaft im transnationalen Bildungsraum. Münster: Waxmann.
Neugebauer, U. & Becker-Mrotzek, M. (2013). Die Qualität von Sprachstandsverfahren im Elementarbereich. Eine Analyse und Bewertung. Herausgegeben vom Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache. Verfügbar unter:
https://www.mercator-institut-sprachfoerderung.de/fileadmin/user_upload/Mercator-Institut_Qualitaet_Sprachstandsverfahren_Web_03.pdf [10.11.2020]
Rothweiler, M. (1993). Der Erwerb von Nebensätzen im Deutschen: Eine Pilotstudie. Berlin: De Gruyter.
Letzte Änderung am: 25.09.2024